Einat Wilf (M.) mit Uschi Glas und Dieter Hermann. © kr
Gescheiterte Friedensgespräche: Vor 20 Jahren trafen sich der damalige israelische Premier Barak (li.) und Palästinenserführer Arafat (re.) mit Bill Clinton (Mi.) zu Verhandlungen in den USA. © pa
München – Drohungen, Raketenangriffe, Tote: Um zwischen all den sich überschlagenden Nachrichten aus Nahost nicht die Orientierung zu verlieren, tut es gut, sich mit den längerfristigen Ursachen der jüngsten Eskalation zu befassen. Israels Generalkonsulin Talya Lador-Fresher lud deshalb die israelische Ex-Abgeordnete und Autorin Einat Wilf nach München ein, die mit ihrem auch ins Deutsche übersetzte Buch „Der Kampf um Rückkehr“ erklärt,„wie die westliche Nachsicht für den palästinensischen Traum den Frieden behindert hat“ (so der Untertitel).
In München sprach Wilf vor einem Kreis engagierter Bürger, darunter Uschi Glas und ihr Mann Dieter Hermann, die zu den Mitorganisatoren des Fußmarsches „Run for their lives“ in München gehören. Mit diesen Märschen wird weltweit jeden Sonntag für die Freilassung der Hamas-Geiseln demonstriert.
Wilf erzählte, dass sie ihr Leben lang für die Politiker gestimmt und gekämpft habe, die Friedenslösungen mit den palästinensischen Nachbarn gesucht hatten. Noch heute sehe sie sich als Linke im Spektrum der israelischen Politik. Aber in der Palästinenser-Frage sei sie desillusioniert, seit Jassir Arafat den „Land für Frieden“-Plan von Israels damaligem Premier Ehud Barak im Jahr 2000 ausschlug: „Die Palästinenser hätten damals alles haben können, wofür sie immer gekämpft haben“, resümiert Wilf. Damals sei ihr bewusst geworden, dass es den Palästinensern nicht wirklich um einen eigenen Staat gehe, sondern um das Ziel, das heute auch auf propalästinensischen Demonstrationen im Westen zu hören ist: „From the River to the Sea“, so die berüchtigte Formel, die schlicht bedeutet: Die Juden sollen aus dem Heiligen Land vertrieben, Israel soll ausgelöscht werden.
„Die viel zitierte Zwei-Staaten-Lösung ist nie an Israel gescheitert“, betont Wilf. Doch die Palästinenser bezögen ihre gesamte Identität aus der Ablehnung des jüdischen Staates.
Als Ariel Scharon gegen große Widerstände in Israel den Gaza-Streifen von jüdischen Siedlern räumen ließ und so das dortige Palästinensergebiet ermöglichte, hätten die palästinensischen Politiker diese Chance nutzen können. „Doch statt ein wirtschaftlich florierendes Nahost-Singapur zu schaffen, hat die Hamas einen ganz anderen Plan verfolgt: Wir haben jetzt ein Gebiet, von dem aus wir Palästina befreien können!“, so Wilf.
Die palästinensische „Obsession“, Israel zu vernichten, spiegele klassische antisemitische Denkmuster wider: Egal ob Nationalsozialismus, Sowjet-Sozialismus oder heute die iranischen Mullahs: Deren Ideologien scheiterten, weil sie ihrer Bevölkerung kein besseres Leben ermöglichen konnten. „Doch für ihr politisches Scheitern haben sie den klassischen Sündenbock parat, gegen den sie ihre Bevölkerung aufhetzen: die Juden.“
Diese antisemitischen Denkmuster fänden sich heute auch bei propalästinensischen Demos wieder, erklärt die israelische Ex-Abgeordnete. Mit Schlagwörtern wie „weißer Kolonialismus“ oder „Völkermord“ werde strategisch das Ziel vorbereitet, das in einem auf solchen Demos oft gezeigten Plakat gipfelt: „Haltet die Welt sauber“, heißt es da – dazu sieht man den Davidstern, der in einen Mülleimer geworfen wird. „Die Juden sind also für diese Antisemiten das einzige Hindernis zu dieser ‚sauberen‘ Welt des Friedens und der Gerechtigkeit“, so die israelische Autorin bitter.
Nach dieser düsteren Analyse stellten sich die Zuhörer die Frage: Kann es je Frieden in Nahost geben? Wilfs Antwort: „Wenn Ideologien besiegt werden, ist der Moment da, wo Menschen darüber nachdenken: War meine Ideologie gut?“ In dem Moment, da die Palästinenser aufrichtig bereit wären, das Existenzrecht Israels zu akzeptieren, sei Frieden möglich, ist Wilf überzeugt. Um das zu befördern, müsse jegliche westliche Hilfe für die Palästinenser an die Bedingung geknüpft werden, dass sie Ja sagen zum Existenzrecht Israels.