Kandidaten mit Chips: Kamala Harris und Tim Walz bei einem Wahlkampfstopp in Coralpolis, Pennsylvania. © Nikhinson/dpa
Chicago – Die US-Metropole Chicago ist in den kommenden Tagen Schauplatz eines weiteren großen Spektakels im Präsidentschaftswahlkampf. Die Demokraten kommen dort zu einem viertägigen Parteitag zusammen. In diesem Jahr ist alles etwas anders als in früheren Wahljahren. Eigentlich hätte die Partei in Chicago Präsident Joe Biden offiziell zum Kandidaten für die Wahl im November küren sollen. Doch nun steht seine Vizepräsidentin Kamala Harris im Rampenlicht.
Sowohl Harris als auch ihr Vize Tim Walz sind bereits als Kandidaten gekürt. Für beide wird es in Chicago laut Partei trotzdem noch mal eine „feierliche und zeremonielle“ Abstimmung geben – das hat aber allein symbolischen Charakter. Es wird erwartet, dass Harris und Walz mit großen Reden ihre Nominierung feiern, die Basis anheizen und ihre Pläne für die Zukunft darlegen. Auch jede Menge andere Hochkaräter aus der Partei werden sprechen, darunter Biden. Auftritte von den Ex-Präsidenten Barack Obama und Bill Clinton werden erwartet, ebenso wie von Hillary Clinton, die 2016 als erste Frau Präsidentschaftskandidatin der Partei war. Die Partner von Harris und Walz dürften ebenfalls auftreten. Daneben dürfte es einige Show-Einlagen geben. Und: Die Partei beschließt ihr inhaltliches Programm für die Wahl.
Harris hatte vor dem Auftakt des Parteitags Trumps Wahlkampf-Rhetorik scharf kritisiert. „Wer andere Menschen niedermacht, ist ein Feigling“, sagte die Demokratin, ohne Trump dabei namentlich zu erwähnen. Wahre Führungspersönlichkeiten zeichneten sich dadurch aus, andere aufzubauen. Walz äußerte sich ähnlich: „Wir beschimpfen uns nicht gegenseitig, das tun wir nicht“, sagte der Vize und bedauerte die politische Spaltung, die deshalb auch im Alltag vieler Amerikaner zu spüren sei.
Der 78-jährige Trump hatte am Samstag bei einem Auftritt in Pennsylvania behauptet, er sehe „viel besser“ aus als Harris und die 59-Jährige eine „sozialistische Irre“ mit dem „Lachen einer Verrückten“ genannt. Die aktuelle US-Regierung unter Biden und Harris bezeichnete er als „dumm“.
Harris‘ Auftritte waren bislang insgesamt streng choreografiert. Sie hat seit ihrem Start als neue Frontfrau keine Interviews oder Pressekonferenzen gegeben, sondern beschränkt sich auf durchgetaktete Wahlkampfauftritte – wohl im Bemühen, sich an ein festes Skript zu halten und keine Fehler zu machen. In den Wochen nach dem Parteitag bis zur Wahl dürfte sie damit nicht mehr durchkommen. Dann steht ihre echte Bewährungsprobe bevor.
Das viertägige Treffen in Chicago findet unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt, 2500 Polizisten werden im Einsatz sein. Die Bundespolizei FBI, der Secret Service und die Polizei haben die Sicherheitsabsperrungen rund um den Veranstaltungsort ein Jahr lang geplant. Lucas Rothaar vom FBI warnte vor einer „erhöhten Bedrohungslage“. Die Behörden sind besonders alarmiert, weil im Juli Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung im US-Bundesstaat Pennsylvania bei einem Attentat verletzt worden war. Pro-palästinensische Aktivistengruppen planen am Rande des Parteitags zudem Großdemos gegen die US-Unterstützung für Israel im Konflikt mit der Hamas.
Auch diesen Parteitag verfolgt übrigens eine Gruppe deutscher Abgeordneter. SPD-Chef Lars Klingbeil ist laut „Politico“ nach Chicago geflogen, dazu mehrere Parlamentarier von SPD, Grünen und FDP sowie der CSU-Außenpolitiker Thomas Silberhorn. Die CSU war mit Landesgruppenchef Alexander Dobrindt zuvor auch beim Republikaner-Parteitag beobachtend vor Ort.