Ex-Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD). © Zinken/dpa
Berlin/München – Bis Ende 2021 war Dilek Kalayci (SPD) noch Berlins Gesundheitssenatorin. Heute ist ihr Profil auf der Webseite des Abgeordnetenhauses Berlin gelöscht – die Internetadresse ihrer eigenen Homepage steht zum Verkauf. Es scheint, als wäre die einstige SPD-Abgeordnete abgetaucht, von der politischen Bühne verschwunden.
Im August 2020 kündigte Kalayci bereits ihren Rückzug an. „In mir ist schon lange der persönliche Entschluss gereift, kein Mandat mehr im Abgeordnetenhaus anzustreben und auch für eine etwaige weitere Aufgabe als Senatorin nicht mehr zur Verfügung zu stehen“, sagte sie damals. Doch ihre Abgeordneten-Akte dürfte noch immer nicht geschlossen sein. Denn seit Ende 2021 laufen Ermittlungen wegen Bestechlichkeit gegen Kalayci.
Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen sie und einen Inhaber einer Werbeagentur erhoben. Laut Ermittlungen sollen der Werbeagentur-Mann und die Politikerin im Frühjahr 2019 vereinbart haben, dass seine Agentur die Planung und Organisation der Hochzeitsfeier von Kalayci übernimmt. Die Leistungen sollen der Ex-Senatorin jedoch nie in Rechnung gestellt worden sein, stattdessen soll sie der Agentur Aufträge aus dem Senat versprochen haben – so der Vorwurf.
Die Anklage stützt sich auf einen Auftrag der Berliner Gesundheitsverwaltung für eine Werbekampagne, um Pflege-Nachwuchs zu gewinnen. Dafür soll die Agentur 267 830 Euro erhalten haben. Nach Abzug der Kosten für die Kampagne blieben laut Staatsanwaltschaft für die Firma rund 7400 Euro übrig, der mitangeklagte Inhaber soll etwa 9450 Euro erhalten haben. Die Kosten für Kalaycis Hochzeit sollen etwa 11 240 Euro betragen haben.
Wie die „Welt“ schreibt, soll die besagte PR-Agentur von 2015 bis 2022 neun Aufträge des Landes Berlin erhalten und dabei insgesamt 6,7 Millionen Euro verdient haben. Laut „Tagesspiegel“ soll es zwischen der PR-Agentur und dem SPD-Kreisverband Tempelhof-Schöneberg zudem personelle Verbindungen gegeben haben. Der Kreisverband, in dem Kalayci bis 2018 Vorsitzende war.
Kalayci schweigt zu den Vorwürfen. Über ihren Anwalt, Robert Unger, lässt sie ausrichten: „Sie versichert, dass sie, bis ihr der Vorwurf bekannt geworden ist, stets davon ausging, dass die Leistungen der Werbeagentur ordnungsgemäß abgerechnet und vollständig bezahlt worden sind.“
Auch die SPD hüllt sich in Schweigen. Vorerst reagierten weder Landes- noch Ortsverband laut Medienberichten auf die Vorwürfe. Dabei gelangten die Korruptionsermittlungen gegen die Ex-Senatorin bereits Ende 2022 an die Öffentlichkeit. Über die jetzige Anklage sagt die SPD-Landesvorsitzende Nicola Böcker-Giannini gegenüber der „Welt“, dass vorerst die Unschuldsvermutung gelte. „Der im Raum stehende Vorwurf ist gravierend, und daher begrüßen wir es, dass es nun zu einer gerichtlichen Klärung kommt.“
HUD/DPA