In Sachsen führt die CDU die Umfragen an. © Grafiken: dpa
In Thüringen liegt die AfD klar an der Spitze.
München/Erfurt – Wenn die Wähler in Thüringen und Sachsen am 1. September ihre Stimmen abgegeben haben, ist der Wahlkampf vorbei – doch der komplizierteste Teil könnte den maßgeblichen Politikern in beiden Ländern noch bevorstehen. Sowohl in Erfurt als auch in Dresden bahnt sich eine äußerst schwierige Regierungsbildung an.
Die Lage: In Sachsen würde nach einer aktuellen Forsa-Umfrage die CDU mit 33 Prozent stärkste Kraft werden, gefolgt von der AfD mit 30 und dem BSW mit 13 Prozent. SPD und Grüne würden mit jeweils 6 Prozent den Einzug in den Landtag schaffen, die Linke wäre mit 3 Prozent nicht mehr vertreten. Die sonstigen Parteien würden 9 Prozent erreichen, darunter die FDP mit weniger als 3 Prozent. Damit könnte es ganz knapp für eine Fortsetzung der schwarz-grün-roten Koalition reichen – allerdings nur, wenn die Fehlertoleranz von plus/minus drei Prozentpunkten ausgeblendet wird. Ein Bündnis mit der Wagenknecht-Partei will CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer in dieser Lage nicht ausschließen. Auch aus der Parteizentrale will CDU-Chef Friedrich Merz seinen Landesverbänden dazu keine Ratschläge geben – „schon gar nicht öffentlich“.
Noch schwieriger ist die Lage in Thüringen. Dort wäre aktuell die AfD mit 30 Prozent stärkste Partei. Dahinter rangieren die CDU mit 21 Prozent und das BSW mit 18. Die Linke, die bislang mit Bodo Ramelow den Ministerpräsidenten stellt, kommt in der Umfrage nur noch auf 13 Prozent. Die SPD würde mit 7 Prozent den Einzug in den Landtag schaffen, die Grünen mit 4 Prozent dieses Ziel verfehlen. Die sonstigen Parteien kommen auf 7 Prozent, darunter die FDP mit weniger als 3 Prozent. Rechnerisch ist nach Umfragen also eine Mehrheit ohne Einbindung von AfD oder BSW in Thüringen nicht möglich. Da mit der vom Landesverfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften AfD aber niemand koalieren will, scheint ein Bündnis von CDU, BSW und SPD noch der am ehesten denkbare Ausweg für eine Mehrheitsregierung. Alle Blicke richten sich auf die Wagenknecht-Partei.
Im Fokus steht in Erfurt allerdings eine andere Frau. Denn nicht Wagenknecht ist die BSW-Spitzenkandidatin in Thüringen, sondern Katja Wolf. Die 48-Jährige war seit 2012 Oberbürgermeisterin von Eisenach und Mitglied der Linkspartei – beides ist seit diesem Jahr Geschichte. Dem BSW ist sie nach eigenen Angaben beigetreten, um die AfD in Thüringen zu schwächen. Mit Wagenknecht teilt sie zwar in Teilen die Einstellung zum Krieg in der Ukraine – persönlich eint sie aber offenbar nicht sehr viel. „Ich würde keiner Partei Sahra Wagenknechts beitreten“, hatte Wolf noch im vergangenen Herbst gesagt, bevor sie es dann doch tat. Nun halten manche es sogar für möglich, dass sie die kommende Ministerpräsidentin in Erfurt wird, wenn das BSW die CDU auf den letzten Metern noch überholen sollte.
Wolfs persönliche Beliebtheitswerte lassen allerdings noch zu wünschen übrig. In einer Direktwahl würden sich der Forsa-Umfrage zufolge nur sechs Prozent der Thüringer Wähler für sie entscheiden. CDU-Kandidat Mario Voigt kommt auf zehn Prozent, Björn Höcke (AfD) auf 16 Prozent und Amtsinhaber Bodo Ramelow (Linke) auf 42 Prozent – nur eben vermutlich ohne Mehrheit im Parlament. Auch in Sachsen überragt der amtierende Ministerpräsident in den Umfragen. 50 Prozent würden laut Umfrage Michael Kretschmer (CDU) wählen. Für Jörg Urban von der AfD würden sich 14 Prozent entscheiden, für Sabine Zimmermann vom BSW lediglich 2 Prozent.
Darüber hinaus gibt es auch gewichtige Gründe, die gegen ein Bündnis von CDU und BSW sprechen. Zum einen war Wagenknecht einst die Ikone der Kommunistischen Plattform der Linkspartei, in ihren frühen Jahren mit teils stalinistischen Ansichten – und SED-Mitglied. Zudem will sie Koalitionen in den Ländern auch von außenpolitischen Fragen abhängig machen. Als Bedingung hat sie zum Beispiel eine Ablehnung neuer US-Mittelstreckenraketen in Deutschland genannt.
MIT DPA