Eines muss man dem Kanzler lassen: Die Ukraine-Hilfen um die Hälfte zu reduzieren und sich gleichzeitig als gönnerhaften Geber zu präsentieren – das kann nicht jeder. Olaf Scholz beharrt darauf, dass er weiterhin alles tue, um Kiew zu unterstützen. Im nächsten Jahr seien immer noch vier Milliarden Euro für Militärhilfen verplant – das sei mehr, als jeder andere europäische Staat gebe. Dazu der 50-Milliarden-Dollar-Kredit, der mit den Zinsen eingefrorener Russen-Gelder bezahlt werden soll. „Das ist viel Geld, das ist sehr viel Geld“, meint Scholz. Dabei unterschlägt er: Mit deutscher Leistung hat dieses Geld rein gar nichts zu tun.
Mehr noch: Die Verwendung der russischen Zinserträge ist rechtlich umstritten. Noch immer gibt es Bedenken, ob sich die G7-Länder einfach so bedienen dürfen. Niemand kann derzeit sagen, wann das Geld wirklich an die Ukraine fließt. Trotzdem tut der Kanzler so, als sei alles in trockenen Tüchern. In Wahrheit zieht sich die Bundesregierung aber zurück und hofft, dass die Hilfen schon von woanders kommen.
Dass der Kanzler immerzu betont, Deutschland sei nach den USA der zweitwichtigste Unterstützer der Ukraine, wird langsam unangenehm. Misst man die Summen an der Wirtschaftsleistung, liegen wir in Europa gerade mal auf Platz 15. Kaum vorstellbar, was sich die skandinavischen und baltischen Länder denken müssen, wenn sie dem Kanzler zuhören: In Dänemark betragen die Hilfen 1,8 Prozent des BIP, in Deutschland nur 0,4. Es ist Zeit für mehr Ehrlichkeit. Scholz schielt auf die Wahlen im Osten. Doch auch dort dürften die Wähler kaum Interesse daran haben, dass die Ukraine den Krieg verliert – und Millionen weitere Flüchtlinge ihr Land verlassen. Kathrin.Braun@ovb.net