Sachsens CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer platzte dieser Tage der Kragen. „Die Zeiten vom Politbüro sind vorbei“, polterte er in Richtung Sahra Wagenknecht. Grund seines Ärgers ist, dass die wegen guter Umfragen immer machtbewusster auftretende BSW-Chefin vor den Wahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg täglich neue rote Linien zieht. Jetzt also auch noch diese: Sie selbst will an Koalitionsgesprächen „teilnehmen“. In Wahrheit will die rote Sahra als Generalsekretärin des Politbüros selbst diktieren, wen ihre Partei unter welchen Bedingungen zum Ministerpräsidenten zu wählen hat. Oder zur Ministerpräsidentin, falls die Thüringer BSW-Frau Katja Wolf am 1. September den CDU-Bewerber Mario Voigt schlagen sollte.
Das ist zwar ein Bruch mit der Praxis, wonach Bundesparteien zumindest formal ihren Landesakteuren freie Hand lassen (wenigstens so lange, wie CDU-Provinzfürsten nicht auf die Idee kommen, Brandmauern zur AfD zu schleifen). Aber es ist immerhin ehrlich: Wagenknecht ist das BSW, und das BSW ist Wagenknecht. Viel Platz für innerparteiliche Pluralität bleibt da nicht. Vermutlich schreckt der BSW-Führerinnenkult die meisten Wähler nicht mal ab, im Gegenteil. Die Bereitschaft vieler Ostdeutscher, Putin die Ukraine zu schenken, speist sich ja gerade aus seiner Popularität als starker Mann, der sich vermeintlich für seine Leute einsetzt. Diesem Bedürfnis nach straffer Führung trägt die Ex-Chefin der „kommunistischen Plattform“ und alte Stalin-Bewunderin Wagenknecht Rechnung, ebenso wie der im Osten verbreiteten Abneigung gegen USA und Nato. Auch hier nennt sie, schon im Vorgriff auf die Bundestagswahl 2025, Koalitionsbedingungen: keine US-Raketen, keine Ukrainehilfen.
In der (West-)CDU ballen sie die Fäuste in der Hosentasche, vor allem Friedrich Merz, den es ob des Unglücks seiner Partei im Osten graut. Trotzdem wird die Union, will sie ihre Machtperspektive in den neuen Ländern nicht aufgeben, gute Miene zum bösen Spiel machen müssen. Rote Linien muss am Ende aber auch sie ziehen, will sie ihre Seele nicht verlieren, selbst auf die Gefahr hin, dass dann AfD und BSW zusammenfinden. CDU und CSU sind die Parteien der Westbindung, die Deutschland fast 80 Jahre Wohlstand und Sicherheit garantierte. Für Wagenknechts Versuch, diese von Dresden, Erfurt und Potsdam aus anzugreifen, darf sie sich nicht hergeben. Georg.Anastasiadis@ovb.net