Neuer Look: Söder trägt jetzt Bart. © dpa/Carstensen
So nah und doch so fern: Markus Söder und Robert Habeck auf der Handwerksmesse. © dpa/Hoppe
München – Markus Söder hat sich verändert. In den Ferien ließ er sich einen Bart wachsen, seine Anhänger in den Sozialen Medien kennen ihn schon ein paar Tage. Vielleicht ist das gestrige „Sommerinterview“ in der ARD noch ein Urlaubsabschluss, vielleicht zählt es auch schon wieder zu den dienstlichen Pflichten. Jedenfalls tritt Söder bärtig vor die Kamera.
Ansonsten ist er ganz der Alte. Das zeigt sich, als er auf die Koalitionsdebatte angesprochen wird, die die Union seit dieser Woche umtreibt. Während sich im Norden und Westen des Landes prominente Stimmen melden, die ein Bündnis von Union und Grünen für denkbar halten, bleibt Bayerns Ministerpräsident bei seiner kategorischen Ablehnung. Mehr noch, er legt sich fest: „Schwarz-Grün geht mit mir nicht. Da kann sich jeder drauf verlassen.“ Auf Nachfrage präzisiert er, er spreche da als CSU-Chef, nicht als Mann mit Kanzlerambitionen.
Das sind vertraute Töne. Ähnlich scharf wie im Landtagswahlkampf, als er sich früh auf die Freien Wähler festlegte und den Grünen das Fehlen eines „Bayern-Gens“ attestierte. In seinem Bemühen, das konservativere Profil der Union wieder zu schärfen, ist die Ökopartei nicht potenzieller Partner, sondern im Gegenteil der Lieblingsfeind. Söder verweist auf die Wahlrechtsreform und unterstellt den Grünen, es sei ihnen darum gegangen, „die CSU zu killen“. In diesem Moment ist eine Koalition wirklich ein schwieriger Gedanke.
Mit seiner Skepsis ist Söder nicht allein. Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat sich am Wochenende mit klaren Worten von den Grünen abgegrenzt, die zuletzt ganz offen ihre Bereitschaft für ein Bündnis signalisiert hatten. Der „Bild“ sagte er: „Eine Regierungsbeteiligung der Grünen kommt für die CDU nicht mehr infrage.“ Seine Kritik zielt ab auf eine angebliche ideologische Verbohrtheit. Die Ökopartei sei gescheitert, „und zwar an sich selbst“.
Während Söder sich allerdings leichttut, auf Distanz zu gehen, ist Kretschmers Lage delikat. In Sachsen, wo kommenden Sonntag gewählt wird, regiert der CDU-Ministerpräsident aktuell gemeinsam mit SPD und Grünen. Um die AfD von der Macht fernzuhalten, wird er entweder ein Bündnis mit dem BSW eingehen müssen oder mit den bisherigen Partnern – von denen er den einen nun frontal angeht. Die Attacke mag dem Wahlkampf geschuldet sein und der Tatsache, dass die Grünen im Osten traditionell einen schweren Stand haben. Vielleicht wird Kretschmer sie aber trotzdem noch brauchen. Ob er seine Äußerungen auf die Grünen im Bund oder im Land bezog, blieb dann auch unklar.
Ganz anders klingt Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther, der mit den Grünen als Koalitionspartner gute Erfahrungen gemacht hat, zunächst in einem Dreier- und seit zwei Jahren in einem Zweierbündnis. Er warnt eindringlich davor, eine Zusammenarbeit nach der nächsten Bundestagswahl bereits jetzt auszuschließen. Wie Parteichef Friedrich Merz wirbt Günther dafür, sich mehrere Optionen offenzuhalten. Er werde nicht offensiv für eine Koalition mit den Grünen werben, sagte er der Funke Mediengruppe. Man könne aber auch „den Menschen nicht erzählen, dass Schwarz-Grün generell nicht funktioniert, wenn CDU und Grüne in mehreren Ländern, unter anderem dem bevölkerungsreichsten, sehr erfolgreich zusammen regieren“. Das sei „völlig unglaubwürdig“.
Günthers Hinweis zielt auf Nordrhein-Westfalen, dessen Ministerpräsident Hendrik Wüst sich kürzlich in der SZ ebenfalls mehr als wohlwollend geäußert hatte. In NRW zeige sich, „wie vertrauensvoll und politisch erfolgreich die Zusammenarbeit zwischen CDU und Grünen funktionieren kann“. Die Union sei gut beraten, mit den demokratischen Parteien der Mitte „gesprächs- und koalitionsfähig zu sein“.
„Die halbe Republik“ sei aktuell schwarz-grün regiert, gibt Vizekanzler Robert Habeck in der ARD mit Blick auf NRW, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg, aber auch auf Brandenburg und Sachsen mit ihren Dreierkoalitionen zu bedenken. Er empfiehlt der Union, die Schärfe aus der Debatte nehmen. Vielleicht lerne sie, „dass nicht die Grünen ihre Hauptgegner sind, sondern dass wir ganz andere Feinde haben, die im Moment nicht nur den Rechtsstaat, sondern eine konstruktive Stimmung im Land zerstören wollen. Seine Partei suche „die Gemeinsamkeiten, nicht das Trennende“.
Es gibt allerdings auch Gegenbeispiele. Neulich hat Habeck Söder scharf kritisiert für dessen Klage, Bayern werde energiepolitisch von der Ampel benachteiligt. Das, fand der Grüne, zeuge von „tiefer Ahnungslosigkeit“. Söder wiederum nennt Habeck nun den „schlechtesten Wirtschaftsminister in der Geschichte Deutschlands“. Verglichen mit den beiden geht es in der Ampel fast harmonisch zu.