Hunderte Raketen auf Israel

von Redaktion

Feuer am Himmel: Eine aus dem Libanon abgefeuerte Rakete der Hisbollah-Miliz wird abgefangen – und geht über dem Norden Israels in Flammen auf. © AFP

Beirut/Tel Aviv – Die libanesische Hisbollah-Miliz hat nach wochenlanger Ankündigung eigenen Angaben zufolge einen ersten Vergeltungsschlag gegen Israel ausgeführt. 320 Raketen seien am frühen Sonntagmorgen abgefeuert worden, erklärte die vom Iran unterstützte schiitische Miliz. Israelische Medien sprachen von mehr als 200 Raketen und rund 20 Drohnen. Israels Raketenabwehr habe Dutzende der Geschosse abgefangen. Bestätigte Berichte über Opfer gab es nicht.

Israels Armee erkannte nach eigenen Angaben „die unmittelbare Gefahr für die Bürger des Staates Israel“ und begann zuvor, zahlreiche Ziele in Südlibanon zu attackieren. Die Armee bezeichnete das als einen „Akt der Selbstverteidigung“.

Aus libanesischen Sicherheitskreisen hieß es, Israel habe mindestens 40 Ziele im Süden des Libanons angegriffen. Örtlichen Behörden zufolge wurden dabei zwei Menschen verletzt. Israels Kampfflugzeuge hätten unter anderem Strom- und Wasseranlagen getroffen, berichteten die staatliche libanesische Nachrichtenagentur NNA und Sicherheitskreise. Alle Angaben der Konfliktparteien ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Ein israelischer Militärsprecher sagte, die Hisbollah habe geplant, zumindest einige Geschosse auf das Zentrum Israels abzufeuern. Das hätte eine ernsthafte Eskalation bedeutet. Die Hisbollah hat bislang hauptsächlich Ziele in der Nähe der Nordgrenze Israels zum Libanon beschossen.

Die „New York Times“ zitierte einen westlichen Geheimdienstmitarbeiter, wonach sich Israels Angriff gegen Raketenwerfer im Libanon gerichtet habe. Diese seien so programmiert worden, dass sie um 5 Uhr Ortszeit in Richtung Tel Aviv im Zentrum Israels abgefeuert werden sollten.

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Rund 100 Kampfflugzeuge hätten Ziele der Hisbollah angegriffen, so Israels Armee. Die Raketenabwehr, Marine und Luftwaffe seien daran beteiligt gewesen. Die Armee habe Tausende Raketen zerstört, die auf den Norden Israels gerichtet gewesen seien sowie „viele andere Bedrohungen entfernt“, sagte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Dies sei aber „nicht das Ende der Geschichte“, sagte er zu Beginn einer Sondersitzung der Regierung.

Der israelische Analyst Ronen Bergman schrieb auf dem Nachrichtenportal „Ynet“, angesichts mangelnder Fortschritte bei den Verhandlungen in Kairo über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg sei die Hisbollah zu der Ansicht gelangt, dass die Zeit für ihre Rache an Israel nun gekommen sei. Die Hamas hatte am Vorabend verlauten lassen, Israel beharre bei den indirekten Gesprächen auf seinen Forderungen.

Ende Juli hatte Israel bei einem Luftangriff in Beirut gezielt den ranghohen Hisbollah-Kommandeur Fuad Schukr getötet. Zudem kam der Auslandschef der Hamas, Ismail Hanija, bei einer Explosion in einem Gästehaus der iranischen Regierung in Teheran ums Leben. Schukrs Tötung reklamierte Israel für sich. Zu Hanijas Tötung äußerte es sich nicht. Die Hisbollah und der Iran kündigten daraufhin Vergeltung an.

Die Hisbollah sprach am Sonntag von einem ersten Teil ihres Vergeltungsangriffs. Dieser sei vorerst beendet. Der Chef der Miliz schlug vergleichsweise zurückhaltende Töne an. Bei der Attacke sollten keine zivilen Ziele in Israel getroffen werden, und auch nicht der Flughafen Tel Aviv oder das Verteidigungsministerium, sagte Hassan Nasrallah. „Unser Ziel war von Anfang an, keine Zivilisten anzugreifen, sondern militärische Ziele.“ In seiner wie üblich scharfen Rhetorik gegen Israel sagte Nasrallah zugleich, dass Angriffe des Iran und der Huthi-Miliz im Jemen auf Israel noch bevorstünden. Am Sonntagabend gab es einen Raketenalarm im Süden von Tel Aviv – die Hamas meldete einen Angriff auf die Stadt.

Israel verhängte den landesweiten Ausnahmezustand. Er gelte seit 6 Uhr Ortszeit für die nächsten 48 Stunden, sagte Verteidigungsminister Joav Galant. Der Rettungsdienst rief laut Medien die höchste Bereitschaftsstufe aus. Bei dem Angriff der Hisbollah seien drei Wohnhäuser getroffen worden.

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