Heftige Angriffe auf die Ukraine

von Redaktion

Bis der Bombenhagel vorbei ist: In Kiew harren die Anwohner in der U-Bahn-Station Teatralna aus – während Russland das Land aus der Luft angreift. © Pilipey/AFP

Kiew – Am Samstag hat die Ukraine noch ihren Unabhängigkeitstag gefeiert. Am Montag folgte einer der schwersten russischen Luftangriffe in zweieinhalb Jahren Krieg. Mit mehr als hundert Raketen und beinahe hundert Drohnen beschoss Russland die Ukraine aus der Luft. Im ganzen Land wurde Luftalarm ausgelöst.

Explosionen wurden aus dem Umland der Hauptstadt Kiew und den Gebieten Schytomir, Chmelnyzkyj, Ternopil und Lwiw gemeldet, wie aus der offiziellen Luftalarm-App hervorgeht. In der Hauptstadt Kiew berichteten afp-Reporter von mindestens sieben Explosionen – wahrscheinlich von Luftabwehrsystemen. In zahlreichen U-Bahn-Stationen harrten Anwohner während des Alarms aus. Schwarzer Rauch stieg über Kiew auf. Bürgermeister Vitali Klitschko gab anschließend Probleme mit der Stromversorgung bekannt.

Auch in der westukrainischen Region Lwiw seien Energieeinrichtungen angegriffen worden, teilte Gouverneur Maksym Kosyzkyji mit. Insgesamt wurden bislang vier Todesopfer gezählt.

Der ukrainischen Luftwaffe zufolge setzte die russische Armee zeitweise elf Langstreckenbomber ein, die Träger von Marschflugkörpern sind. Außerdem wurden demnach Hyperschallraketen auf die Ukraine abgefeuert. Auch aus dem Schwarzen Meer sei die Ukraine beschossen worden. Das russische Verteidigungsministerium sprach derweil von einem „Massenangriff mit hochpräzisen Langstreckenwaffen“ auf „wichtige Energieinfrastruktur-Einrichtungen“.

Im Zusammenhang mit den russischen Angriffen auf die Ukraine ist offenbar auch ein nicht näher definiertes „Flugobjekt“ in den Luftraum Polens geraten. Das gab General Maciej Klisz, Einsatzkommandeur der polnischen Armee, in Warschau bekannt. Demnach sei das Objekt von mindestens drei Radarstationen erfasst worden. Klar sei inzwischen, dass es sich bei dem Flugobjekt nicht um eine Rakete handele – weder um „eine Hyperschallrakete“ noch um „eine ballistische Rakete oder einen Lenkflugkörper“, sagte Klisz. Vermutlich handelte es sich um eine Drohne, die die polnische Grenze um 6.43 Uhr nahe der ukrainischen Stadt Tscherwonohrad überquert hatte. Kurze Zeit später sei das Objekt wieder vom Radar verschwunden. Am Montagnachmittag konzentrierte sich die Suche nach dem unbekannten Objekt auf die Gegend um das kleine Dorf Tyszowce im Südosten Polens, etwa 30 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt.

Wegen der Nähe der russischen Angriffe zur polnischen Grenze ließ das polnische Militär Abfangjäger aufsteigen, wie die Nachrichtenagentur PAP meldete. An dem Einsatz waren den Angaben nach auch Flugzeuge anderer Verbündeter beteiligt.

Währenddessen hat die Ukraine dem mit Russland verbündeten Nachbarland Belarus vorgeworfen, Truppen an der Grenze zur Ukraine zusammenzuziehen. Das Außenministerium in Kiew teilte mit, ukrainische Geheimdienste hätten beobachtet, dass Belarus „unter dem Deckmantel von Übungen eine erhebliche Zahl von Kräften in der Nähe der ukrainischen Grenze zusammengezogen hat“.

Kiew warnte Belarus davor, unter dem Druck Russlands „tragische Fehler“ zu begehen, belarussische Streitkräfte sollten ihre Truppen von der Grenze abziehen und einen Abstand zur ukrainischen Grenze einnehmen, der größer sei als die Reichweite der belarussischen Raketensysteme. Militärübungen in dieser Grenzregion seien zudem eine Bedrohung für die „weltweite Sicherheit“ so Kiew, da das Atomkraftwerk Tschernobyl in unmittelbarer Nähe liegt.

Nach dem massiven Angriff fordert der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nun zu entschiedenem Handeln gegen Moskau auf. „Schwäche, unzureichende Entscheidungen als Reaktion nähren den Terror“, sagte er in einer kurzen Videobotschaft. Es seien energische Entscheidungen notwendig, um den Krieg fair zu beenden. Dazu gehöre, dass Beschränkungen für den Einsatz gelieferter westlicher Waffen gegen Russland aufgehoben werden. „Amerika, Großbritannien, Frankreich und andere Partner haben die Macht, uns zu helfen, den Terror zu stoppen.“

Bislang darf die ukrainische Armee viele der Waffen mit höherer Reichweite gemäß der westlichen Auflagen nicht gegen Ziele in Russland einsetzen.

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