Scholz: „Wütend und zornig“

von Redaktion

Auch Tränen sind geflossen: Bundeskanzler Olaf Scholz steht gemeinsam mit Einsatzkräften, die am Freitagabend den Opfern des Attentats halfen, und dem Bürgermeister von Solingen, Tim Kurzbach (2. v. li.), für ein Gruppenbild zusammen. © Thomas Banneyer/dpa

Solingen/München – Olaf Scholz spricht zuerst nur mit seinem Gesicht. Am Montagvormittag ist der Bundeskanzler in Solingen eingetroffen – der Stadt, in der ein Syrer am Freitagabend wahllos Menschen, die feiern wollten, mit einer 15 Zentimeter langen Klinge in den Hals gestochen hat. Drei Menschen sind tot, acht sind verletzt, der Täter ist mittlerweile verhaftet. Mit finsterer Miene legt Scholz für diese Opfer in der Nähe des Tatorts eine weiße Rose nieder. Dann geht er zunächst wortlos weiter, um sich mit Einsatzkräften zu treffen, die die blutenden Opfer versorgt haben. Fast zwei Stunden ist der Kanzler weg. Auch Tränen seien bei den Gesprächen geflossen, verrät später NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU).

Als die Politiker schließlich vor die Presse treten, lässt Scholz wieder Worte sprechen. „Wütend“ sei er und „zornig“, sagt der Kanzler. „Das war Terrorismus, Terrorismus gegen uns alle.“ Das Treffen mit den Ersthelfern sei „tief bewegend gewesen“. Es werde den Teilnehmern nicht mehr aus den Köpfen gehen – „auch mir nicht“, sagt Scholz.

Doch welche Konsequenzen zieht er? Die waffenrechtlichen Regelungen in Deutschland insbesondere für das Verwenden von Messern müssten noch einmal verschärft werden, sagt der Kanzler. „Das soll und das wird jetzt auch ganz schnell passieren.“ Offenbar hat auch die FDP – mit der Scholz´SPD und die Grünen im Bund regieren – ihre ursprünglich ablehnende Haltung in dieser Frage aufgegeben. „Wenn es sinnvolle Maßnahmen gibt im Bereich des Waffenrechts, die wir ergreifen können, um Sicherheit in solchen Fällen effektiv zu erhöhen, darf auch das kein Tabu sein“, sagt der liberale Bundesjustizminister Marco Buschmann am Montag.

Und ja, auch die Abschiebungen von Menschen ohne Aufenthaltsrecht müssten vorangetrieben werden, sagt der Kanzler. Scholz verweist auf jüngste Beschlüsse. Er betont, dass es konsequente Umsetzung brauche. „Notfalls“ müsse es auch weitere Rechtsänderungen geben. Man werde „ganz genau sprechen“, wie man die Zahlen erhöhen könne.

SPD: Merz-Vorschlag nicht die Antwort

Der Kanzler steht unter Druck. Schon kurz nach der Bluttat hat CDU-Chef Friedrich Merz einen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan in Deutschland gefordert. „Nach dem Terrorakt von Solingen dürfte nun endgültig klar sein: Nicht die Messer sind das Problem, sondern die Personen, die damit herumlaufen. In der Mehrzahl der Fälle sind dies Flüchtlinge, in der Mehrzahl der Taten stehen islamistische Motive dahinter“, erklärte Merz.

CSU-Chef Markus Söder hat gefordert, Straftäter müssten sofort in Arrest genommen werden und das Land verlassen, insbesondere in Richtung Syrien und Afghanistan. Der Polizei müssten zudem mehr Möglichkeiten für Kontrollen gegeben werden. Und Unions-Fraktionsvize Jens Spahn (CDU) sprach sich für Grenzschließungen für irreguläre Migranten aus. Scholz hatte zwar bereits im Juni nach dem tödlichen Messerangriff von Mannheim angekündigt, die Abschiebung von Schwerstkriminellen und terroristischen Gefährdern nach Afghanistan und Syrien wieder zu ermöglichen – dabei war es aber bisher geblieben.

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert weist die Merz-Forderung nach einem generellen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan am Montag zurück. Dem stehe das Grundgesetz entgegen, beispielsweise das individuelle Recht auf Asyl. „Die Antwort kann doch nicht sein, dass wir Menschen, die selber vor Islamisten fliehen, weil sie von denen für ihre Lebensweise verfolgt werden, jetzt die Tür vor der Nase zuschlagen“, sagt er. Auch die Grünen äußern sich skeptisch über den Merz-Vorschlag. „Ich würde gerne von der CDU hören, wie sie das dann machen wollen in einem Grundrecht, was hochindividuell ist und auf das Schutzbedürfnis der Leute eingeht und nicht auf die Herkunft“, sagt Parteichef Omid Nouripour.

CDU-Innenpolitiker Alexander Throm widerspricht. Die wenigsten Bewerber bekämen Asyl wegen des Schutzes nach dem Grundgesetz. Die meisten, insbesondere aus Afghanistan und Syrien, erhielten subsidiären Schutz, sie seien in ihrer Person nicht verfolgt oder bedroht. In Afghanistan fänden keine Kampfhandlungen mehr statt, in Syrien nur lokal begrenzt. „Deswegen muss der subsidiäre Schutz für Afghanen und für Syrer wegfallen.“

Und trotz aller Differenzen will Scholz offenbar auch mit CDU-Chef Merz über nötige Schritte beraten. Nach einem Bericht des „Handelsblatts“ soll das Treffen bereits am Dienstag stattfinden.
MIT DPA

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