Abschiebung: Faeser sieht die Länder in der Pflicht

von Redaktion

Herrmann wirft Innenministerin „falsches Spiel“ vor – Scharfe Kritik auch an Gesetz zu V-Leuten

Gegenwind aus München: Nancy Faeser. © dpa/Arnold

München/Berlin – Der Anschlag von Solingen hat die Debatte um Abschiebungen neu befeuert. Die Bundesregierung steht in der Kritik, weil der Täter bereits 2023 das Land hätte verlassen müssen, dennoch sieht Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bei einem konsequenteren Umgang mit Ausreisepflichtigen vor allem die Länder in der Pflicht. „Gesetzlich haben wir bereits umfassende neue Grundlagen für mehr Rückführungen geschaffen, damit sich Ausreisepflichtige der Abschiebung nicht mehr entziehen können“, sagte sie der Funke Mediengruppe. Entscheidend für den Erfolg sei die Umsetzung in den Ländern. Diese hätten dafür „jede Unterstützung des Bundes“.

Der Bundestag hatte zu Jahresbeginn Gesetzesverschärfungen beschlossen, um Abschiebungen zu erleichtern. So wurde die gesetzliche Höchstdauer des Ausreisegewahrsams von bislang zehn Tagen auf 28 verlängert. Außerdem dürfen Behördenvertreter in Gemeinschaftsunterkünften auch andere Räume betreten als nur das Zimmer des Abzuschiebenden.

„Wir haben damit vor allem die Abschiebung von Straftätern und Gefährdern aus dem islamistischen Spektrum gesetzlich stark forciert“, sagte Faeser. Die Behörden hätten jetzt viel mehr Instrumente, um zu verhindern, dass Ausreisepflichtige vor der Abschiebung untertauchten. Die Zahl der Abschiebungen sei im Vergleich zum Vorjahr bereits um rund 20 Prozent gestiegen. Von Januar bis Juli gab es laut Innenministerium 11 102 Abschiebungen, im gleichen Zeitraum 2023 waren es 9185.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) reagierte auf diese Darstellung mit scharfer Kritik. Er warf Faeser ein „falsches Spiel“ vor, wenn sie den Ländern den „schwarzen Peter“ zuspielen wolle. Herrmann wies darauf hin, dass das im Februar beschlossene „Rückführungsverbesserungsgesetz“ der Ampel das genaue Gegenteil bewirke. Weil Abzuschiebende seitdem verpflichtend einen Anwalt erhalten, könnten sie rechtzeitig vorgewarnt werden und abtauchen.

Der Minister beklagte, dass eine Abschiebung in vielen Fällen weiterhin daran scheitere, dass wichtige Herkunftsländer ihre Bürger nicht wieder aufnehmen. „Hier gibt es immer noch keine spürbaren Ergebnisse, obwohl die Bundesregierung dafür vor mehr als eineinhalb Jahren sogar einen eigenen Sonderbevollmächtigten eingesetzt hat.“ Herrmann verwies zudem darauf, dass das Dublin-Verfahren, demzufolge jene EU-Länder für Asylbewerber zuständig sind, in die ein Flüchtling als erstes EU-Land eingereist ist, von Mitgliedsstaaten wie Italien nicht eingehalten werde. Den Regeln zufolge hätten 2023 rund 3050 Personen von Bayern nach Italien überstellt werden können. Tatsächlich war es nur eine einzige.

Kritik an der Ampel äußerte die Staatsregierung auch in einem anderen Punkt. Ein Gesetzentwurf sieht vor, dass der Verfassungsschutz für den Einsatz von V-Leuten zur verdeckten Ermittlungen künftig eine richterliche Anordnung benötigt. Die Informanten sollen zudem nicht mehr vorbestraft sein dürfen, ihr Einsatz auf zehn Jahre begrenzt werden. Justizminister Georg Eisenreich (CSU) nannte den Entwurf „realitätsfern“, er lege Strafverfolgern „Steine in den Weg“.

Auch Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, übte scharfe Kritik. Gegenüber der „Bild“ sprach er von einem „Bürokratiemonster“: „Bei der Mafia und auch Terrororganisationen knallen die Sektkorken. Deutschland wird so endgültig zum Paradies für die gefährlichsten Gewalttäter.“
MB/DPA

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