Die Zeitenwende II ist abgesagt. Die Antwort von Olaf Scholz auf den Messer-Terror von Solingen erschöpft sich in einem beherzten „Weiter so“, das weiß die Republik seit dem Treffen des Kanzlers mit Friedrich Merz. Außer ein paar höflichen Floskeln war nichts drin an Gemeinsamkeiten zwischen der größten Regierungs- und der wichtigsten Oppositionspartei. Noch eine verpasste Chance für die Migrationswende. Der Kontrollverlust geht weiter. „Zornig“ sei er, hatte Scholz nach der Bluttat gesagt, doch folgt daraus kein erkennbares politisches Handeln. Sein Angebot zur Kooperation bleibt unkonkret und abwiegelnd.
Wie schon bei Atomausstieg und Heizungsgesetz hat es der Kanzler nicht geschafft, aus der Logik seiner dysfunktionalen Koalition herauszutreten. Den Weg abgeschnitten hatte ihm schon am Sonntag seine Parteichefin mit dem unverfrorenen Satz, dass sich aus Solingen „nicht viel lernen“ lasse. Auch seiner Innenministerin war als Reaktion auf die islamistische Bluttat nichts Besseres eingefallen, als ihren „Kampf gegen rechts“ zu verstärken und vor „Hass und Spaltung“ zu warnen. Das ist wichtig, doch noch mehr hätte die Bürger interessiert, was Nancy Faeser außer einem symbolischen Messerverbot tun will, um ihre Sicherheit zu verbessern. So wenig aus Scholz ein Schröder wird, so wenig wird aus Faeser ein Otto Schily. Auch sie ist nur ein Spiegelbild ihrer Partei, die mehr um die Befindlichkeiten woker Funktionäre kreist als um die Sorgen der kleinen Leute.
Deutschland steht damit vor einer weiteren Vereisung des gesellschaftlichen Klimas. CDU-Chef Merz hat bereits angedroht, im Bundestag wöchentlich Anträge einzubringen, um die Ampelpartner zu zwingen, in der Asylpolitik Farbe zu bekennen. Er versucht die Union so aus dem Abwärtsstrudel zu befreien, in den alle etablierten Parteien durch ihre Fehler in der Migrationspolitik geraten sind. Die eigentlichen Sieger des gescheiterten Asylgipfels von Regierungschef und Oppositionsführer aber sind Sahra Wagenknecht und die AfD. Sie dürfen am Wahlsonntag im Osten auf Erfolge hoffen, die ebenso historisch ausfallen dürften wie die der SPD prophezeiten Verluste. Vielleicht fallen dem Kanzler und seinen Genossen ja danach noch ein paar andere Antworten auf Solingen ein. Georg.Anastasiadis@ovb.net