28 Straftäter nach Afghanistan abgeschoben

von Redaktion

Erstmals seit drei Jahren schiebt Deutschland wieder nach Afghanistan ab. Der Charterflug nach Kabul hob mit 28 Straftätern (Archivfoto 2019) vom Flughafen Leipzig am Freitagmorgen ab. © Kappeler/dpa

Leipzig/Berlin/München – Freitagmorgen um 6.56 Uhr startet die Maschine vom Flughafen Leipzig/Halle aus. Ein Charterjet von Qatar Airways. Das Ziel: Kabul, die Hauptstadt von Afghanistan. In der Boeing 787 sitzen 28 afghanische Straftäter, die abgeschoben werden. Es ist der erste Abschiebeflug nach Afghanistan seit der Machtübernahme der Taliban

Die 28 Männer sind aus ganz Deutschland nach Leipzig gebracht worden. Aus Bayern wurden drei Straftäter überliefert. Zwei von ihnen waren laut Innenminister Joachim Herrmann (CSU) wegen Sexualstraftaten und der dritte wegen einer Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz zu Freiheitsstrafen verurteilt worden. Sie sind 27, 29 und 30 Jahre alt.

Herrmann begrüßt die Ausreisen und fordert gleichzeitig „zügig weitere Rückführungen sowohl nach Afghanistan als auch nach Syrien“. Allein die beim Landesamt für Asyl und Rückführungen eingerichtete „Taskforce für Straftäter“ beschäftigt sich laut Innenminister derzeit mit 174 afghanischen und 203 syrischen Staatsangehörigen, „die schwere Straftäter sind und rasch außer Landes gebracht werden müssen“. Auch den generellen Schutz von Flüchtlingen aus Syrien stellt Innenminister Herrmann infrage.

Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) fordert von der Bundesregierung ebenfalls, „weitere Abschiebungen von Straftätern und Gefährdern nach Afghanistan und Syrien“ zu ermöglichen. Aus Hessen wurden sechs Männer nach Afghanistan abgeschoben.

Aus Baden-Württemberg sind fünf schwere Straftäter abgeschoben worden. Einer von ihnen hatte im Oktober 2019 mit drei weiteren Tätern in einer Flüchtlingsunterkunft in Illerkirchberg (Alb-Donau-Kreis) eine 14-Jährige mehrere Stunden vergewaltigt, teilt das Migrationsministerium mit.

Eigentlich hätten fünf weitere Menschen – also 33 – abgeschoben werden sollen. Zwei seien aber nicht angetroffen worden, sagt der FDP-Parlamentarier Manuel Höferlin. Drei weitere seien von den Landesjustizbehörden nicht für die Abschiebung freigegeben worden, weil sie laut Staatsanwaltschaft noch keinen ausreichenden Teil ihrer Haft hierzulande verbüßt hätten.

Für Wirbel sorgen Berichte, dass jeder abgeschobene Straftäter 1000 Euro erhalten haben soll. „Dass Vergewaltiger und andere Schwerstkriminelle auch noch bei der Rückreise in ihr Heimatland ein Handgeld von 1000 Euro bekommen, ist inakzeptabel!“, wettert der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß. Das niedersächsische Innenministerium hatte bestätigt, dass fünf Männer aus Niedersachsen das Geld bekamen. Vom bayerischen Innenministerium heißt es auf Anfrage: „Sofern eine Mittellosigkeit bei den Rückzuführenden festgestellt wird, wird ein Handgeld ausgezahlt, um im Zielstaat die Weiterreise und Verpflegung zu finanzieren.“ Bei Straftätern erfolge eine Einzelfallprüfung.

Die Aktion wurde federführend vom Bundesinnenministerium organisiert. Die Bundesregierung habe in den vergangenen Monaten „große Anstrengungen unternommen“, erklärt Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Kanzler Olaf Scholz (SPD) spricht von einem klaren Zeichen. Wer Straftaten begehe, könne nicht damit rechnen, „dass wir ihn nicht abgeschoben kriegen“, sagt Scholz. Die Aktion sei „sorgfältig und sehr diskret“ vorbereitet worden.

Deutschland unterhält zu den Taliban keine diplomatischen Beziehungen. Grünen-Chef Omid Nouripour dämpft deswegen Erwartungen zu Abschiebungen im großen Stil. Dafür „bräuchte es eine direkte staatliche Zusammenarbeit, die mit den Steinzeit-Islamisten der Taliban nicht möglich ist“, sagt Nouripour.

Menschenrechtler verurteilen die Abschiebe-Aktion. „Menschenrechte haben wir alle – und niemand darf in ein Land abgeschoben werden, wo Folter droht“, sagt Julia Duchrow von Amnesty International in Deutschland.
DPA/MM

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