Lange ausgesetzt: Polizisten begleiten 2021 einen Afghanen in ein Flugzeug. Nun wurde erstmals seit der Taliban-Machtübernahme wieder in das Land abgeschoben. © Michael Kappeler/dpa
München – Es war an Halloween 2019, als der Afghane und seine Mittäter eine 14-Jährige in ihre Flüchtlingsunterkunft gelockt haben. Mit Drogen sollen die Männer das Mädchen betäubt haben, so hieß es damals in der Anklage, um sie dann stundenlang zu vergewaltigen. Ein Gericht verurteile die Täter 2020 zu jeweils rund zwei Jahren Haft. Dass sie sich kurz vor Ende des Verfahrens doch noch geäußert haben, wurde ihnen strafmildernd ausgelegt.
Der heute 31-jährige Afghane hat seine Strafe abgesessen. Er lebte danach sogar wieder in Illerkirchberg, wo er Berichten zufolge weitere Straftaten beging und auch gegen seine Meldepflicht verstieß. Als 2022 ein anderer Asylbewerber im selben Ort ein anderes 14-jähriges Mädchen auf dem Schulweg tötete, wurde auch sein Fall noch einmal zum Thema in den Medien. Doch wegen des geltenden Abschiebestopps nach Afghanistan durfte er bleiben. Bis letzte Woche.
Am Freitagmorgen saß dann auch der verurteilte Vergewaltiger mit 23 weiteren Männern in der Maschine, mit der Deutschland erstmals seit der Machtübernahme der Taliban vor drei Jahren wieder afghanische Staatsangehörige in ihr Herkunftsland abgeschoben hat. Allerdings will der Mann das nicht akzeptieren. Sein Anwalt kündigte in der „Augsburger Allgemeinen“ an, sein Mandant werde „wiederkommen“. Die Abschiebung sei unmenschlich – denn der Mann soll angeblich bald Vater werden. Trotz eines Einreiseverbots solle es deshalb mittels „Visum“ und „Auseinandersetzungen mit den Behörden“ gelingen, den Afghanen wieder nach Deutschland zu bringen, kündigt der Anwalt an. Ihm zufolge ist die Freundin seines Mandanten hochschwanger. „In zwei Monaten bekommt sie ein Kind, das Kind wird deutsch. In Kenntnis dessen haben sie ihn abgeschoben“, zitiert ihn die „Augsburger Allgemeine“.
Der Mann gilt als „rückfallgefährdeter Sexualstraftäter“
Den Behörden war die erwartete Vaterschaft bekannt. Doch der Mann sei als „rückfallgefährdeter Sexualstraftäter“ eingestuft. Deshalb habe das Ausweisinteresse überwogen, sagte ein Sprecher des baden-württembergischen Justizministeriums.
Dass diesem und den anderen Passagieren der Maschine – unter ihnen nach Angaben der beteiligten Länder weitere Sexualstraftäter und gewaltbereite Kriminelle – zu ihrer Abschiebung noch jeweils 1000 Euro „Handgeld“ mitgegeben wurden, hatte darüber hinaus für Diskussionen gesorgt. Ein Vorgehen, das Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nun verteidigt hat. Es handle sich um ein übliches Verfahren, um nicht zu riskieren, dass Gerichte die Entscheidung aufhöben, weil eine Verelendung der Abgeschobenen drohe, sagte Faeser im ZDF. „Das soll quasi die Sicherheit der Maßnahme sozusagen absichern.“ Sie verwies auch darauf, dass das Thema „Handgeld“ Sache der Bundesländer sei. Eine Sprecherin des niedersächsischen Innenministeriums gab an, das Geld solle reichen, um sechs bis neun Monate den Lebensunterhalt in Afghanistan bestreiten zu können. Ihren Informationen zufolge hatten sich alle beteiligten Bundesländer auf diesen Betrag geeinigt. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hatte hingegen gesagt, das Startgeld von 1000 Euro sei eine Entscheidung der Bundesregierung gewesen. „Die Länder haben das mit wenig Begeisterung akzeptiert.“
Für die nahe Zukunft fordern CDU und CSU nun weitere Abschiebeflüge nach Afghanistan. Die Union hatte bereits die Ausrufung einer „nationalen Notlage“ ins Spiel gebracht, um Menschen direkt an der deutschen Grenze zurückweisen zu können. In einer Rundmail an seine Anhänger spielte Merz darauf an. Für das Land und die Gesellschaft sei eine „Überforderungsgrenze“ erreicht. Die EU sehe für diesen Fall eine „Generalklausel“ vor, die es den Mitgliedstaaten ermögliche, „zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und für den Schutz der inneren Sicherheit eigene Vorkehrungen zu treffen“, betonte der CDU-Chef. „An diesem Punkt sind wir angekommen.“
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte eine grundlegende Umkehr in der Migrationspolitik. „Wir müssen das Asylrecht ändern, es ist nicht mehr zeitgemäß. Wir müssen all jene an den deutschen Grenzen zurückweisen können, die klar erkennbar keinen Anspruch auf Schutz haben“, sagte er der „Welt am Sonntag“
MIT DPA