Als Jürgen Klinsmann, was auch schon wieder 20 Jahre her ist, Fußball-Bundestrainer war, hat ihm der Begriff des Kapitäns nicht gereicht. Seinen Spielführer (so die offizielle Bezeichnung) Michael Ballack ernannte er zum „Capitano“ und schuf ein geflügeltes Wort. Danach ging‘s wieder eine Nummer kleiner: Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger, Manuel Neuer und Ilkay Gündogan sind für flache Hierarchien gestanden, sie sind weniger breitbeinig aufgetreten. Intern wurde das Amt nie so hoch bewertet wie in der Wahrnehmung von außen – doch für die Öffentlichkeit ist‘s halt ein Ding. Wenn der Bundestrainer der Fußballkanzler ist, dann hat der Kapitän der Nationalmannschaft den Rang eines Ministers.
Neu im Kabinett Nagelsmann ist nun Joshua Kimmich. Aktuell belohnt die Ernennung seine Resilienz, die er in den vergangenen Monaten gezeigt hat, als ihm seine Lieblingsposition im Mittelfeld abhanden kam und er bei den Bayern zum Verkauf stand. Er ist lange genug dabei und daher ein logischer Kandidat gewesen. Allerdings gilt das auch in dieser Hinsicht: Nicht nur in seinem Nichtaufgeben, sondern auch in seinem Scheitern steht er für den deutschen Fußball der vergangenen zehn Jahre. Es ist auch der Mangel an Alternativen, der Joshua Kimmich nun zum ersten Mann des DFB-Teams macht. Guenter.Klein@ovb.net