Dresden – Sachsens amtierender Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) zeigt sich nach dem knappen Wahlsieg optimistisch, eine neue Regierung bilden zu können. Allerdings zeichnen sich extrem schwierige Koalitionsverhandlungen ab. Kretschmer bekräftigte gestern in Berlin, es gehe darum, eine „stabile Regierung“ zu bilden. Das bisherige Bündnis aus CDU, SPD und Grünen kommt aber nur auf 58 Sitze – 61 sind für eine absolute Mehrheit nötig. Da würde auch der eine Sitz der Freien Wähler (Direktmandat) nicht helfen.
Das bedeutet: Die CDU wird eine von zwei Kröten schlucken müssen. Eine Koalition mit der AfD hat die CDU final ausgeschlossen. Bleiben die Linkspartei und das Bündnis Sahra Wagenknecht. Mit dem BSW als Partner könnte die CDU mit der SPD auf 66 Sitze kommen – oder mit den Grünen auf 63. Beides würde eine absolute Mehrheit garantieren.
Das BSW stellt allerdings Forderungen, die (nicht nur) für die CDU schwer erfüllbar klingen. Das Bündnis ist gegen eine Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland, will die Waffenlieferungen an die Ukraine stark einschränken. „Uns gibt es nicht einfach so, sondern wir sind wirklich für einen Politikwechsel“, sagte Sachsens BSW-Spitzenkandidatin Sabine Zimmermann in Berlin. Wenn die anderen demokratischen Parteien sich nicht grundsätzlich veränderten, „werden wir uns an einer Koalition nicht beteiligen“.
Bliebe noch die Linke, die dank ihrer beiden Direktmandate nicht aus dem Landtag fällt, sondern gemäß ihrer Zweitstimmen doch sechs Sitze erhält. Eine Vierer-Koalition aus CDU, SPD, Grünen und Linken käme auf stabile 64 Sitze Mehrheit.
Allerdings hatte die Bundes-CDU vor fünf Jahren ein Kooperationsverbot mit der Linkspartei beschlossen. Von dem „Unvereinbarkeitsbeschluss“ rückte Parteichef Friedrich Merz auch gestern nicht ab. „Der Beschluss gilt“, sagte er – deutete aber Spielraum an. „Damit umzugehen, wird Sache der beiden Landesverbände in Sachsen und Thüringen sein.“ CDU-Ministerpräsident Kretschmer betonte, AfD und Linkspartei seien nicht gleichzusetzen. „Wir haben in den letzten Jahren mit dem Ministerpräsidenten von Thüringen vertrauensvoll zusammengearbeitet.“ Eine Koalition gehe zwar nicht, eine „punktuelle Zusammenarbeit“ aber schon.
Nachdem der Landeswahlleiter wegen eines Softwarefehlers die Sitzverteilung neu berechnen musste, hat die AfD in Sachsen – anders als in Thüringen – doch keine Sperrminorität. Hat eine Partei mehr als 40 Sitze, kann sie bestimmte Landesgesetze verhindern, die mit einer Zweidrittelmehrheit aller Abgeordneten entschieden werden müssen. Das betrifft auch die Wahl von Verfassungsrichtern und der Spitze des Landesrechnungshofs.
MAYANK SHARMA, DPA