Wagenknecht will Weltpolitik

von Redaktion

BSW-Gründerin pocht bei Regierungsbeteiligung auf außenpolitische Positionen

Eigentlich Kommunalpolitikerin: BSW-Frau Katja Wolf. © dpa

München – Es ist ein Zitat, das eigentlich schon sehr viel sagt. „Wer mit uns koalieren möchte, muss auch mit mir sprechen“, betont Sahra Wagenknecht. Aus dem Stand hat ihr nach ihr selbst benanntes Bündnis bei den Landtagswahlen in Sachsen (11,8) und Thüringen (15,8) jeweils deutlich über zehn Prozent geholt und könnte es in beiden Ländern in die Regierung schaffen. Man ist nun ein „Machtfaktor“ wie Wagenknecht sagt. Und damit meint sie vermutlich vor allem sich selbst.

Gut möglich allerdings, dass da noch etwas Feinabstimmung nötig wird. Denn Thüringens BSW-Spitzenkandidatin Wolf hatte im Vorfeld gesagt, Wagenknecht werde bei möglichen Gesprächen „nicht am Koalitionsverhandlungstisch sitzen“. Der Landesverband des BSW werde sich aber „selbstverständlich auch mit Berlin abstimmen“. Die Chefin gesteht am Montag immerhin zu, sie werde sich aus der Ebene der „Fachpolitiker“ fernhalten – den „klassischen“ Koalitionsverhandlungen also, wie Wolf nun wiederum zu ergänzen weiß. Wagenknecht wiederum stellt fest: Ein persönliches Gespräch mit den möglichen CDU-Ministerpräsidenten Michael Kretschmer und Mario Voigt halte sie aber „schon für angemessener als ein Telefonat“. Das BSW müsse klären, ob sein Landesverband von der ehemaligen Linken-Politikerin „aus dem Saarland“ geführt werde, spottet bereits SPD-Spitzenkandidat Georg Maier, ein weiterer möglicher Partner in Thüringen.

Doch ob nun mit oder ohne Wagenknecht am Tisch oder am Telefon: Dass es in den anstehenden Gesprächen nur um Allgemeines und Landesthemen wie Lehrermangel oder Bürokratieabbau gehen wird, ist kaum denkbar. Denn die BSW-Galionsfigur verlangt von ihren Landespolitikern geopolitische Positionierungen. Sie müssen klarmachen, dass sie die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland ablehnen, sich mehr „diplomatische Initiativen“ der Bundesregierung für ein Ende des Ukraine-Kriegs wünschen und Waffenlieferungen an Kiew „nicht in dieser Dimension“ befürworten. Heißt auch: Wenn Wagenknechts Landespolitiker Teil einer Landesregierung sein sollen, müsste auch diese Landesregierung so Stellung beziehen. Im Falle der CDU könnte das schwierig werden.

Nach Widerstand gegen die übermächtige Chefin sieht es in Dresden und Erfurt bisher nicht aus. Wolf, die als Eisenacher Bürgermeisterin eigentlich eher kommunalpolitisch vorgeprägt ist und als Pragmatikerin gilt, verweist ebenfalls auf die außenpolitische Positionierung während des Wahlkampfs. Wenn die dadurch bei den Menschen geweckten Erwartungen nicht erfüllt würden, „hätten wir der Demokratie einen Bärendienst erwiesen“, sagt sie und führte auch den „Markenkern“ des BSW ins Feld. Die BSW-Spitzenkandidatin in Sachsen, Sabine Zimmermann, berichtet aus dem Wahlkampf, der Themenkomplex „Krieg und Frieden“ sei von den Bürgerinnen und Bürgern immer wieder angesprochen worden. Es handele sich um ein Thema, „das den Menschen auf den Nägeln brennt“.

Wagenknecht selbst hat bereits klargemacht, dass sie ihre Zukunft in Berlin sieht. Ihr Ziel ist die Bundestagswahl im Herbst 2025. Auch deshalb gibt es Spekulationen, die BSW-Spitze könne Verhandlungen auf Landesebene vor allem nutzen, um Aufmerksamkeit zu generieren – am Ende aber von einer Regierungsbeteiligung absehen, die im Bundestagswahlkampf zur Belastung werden könnte. Wagenknecht widerspricht einer entsprechenden Journalisten-Frage am Montag zumindest nicht vehement.
SEBASTIAN HORSCH

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