Es liegt ein seltsamer Fatalismus über den Regierungsparteien. Besonders kurios wirkte, wie sich die SPD-Spitze bei der Wortwahl abgesprochen hatte, wonach das einstellige Ergebnis zwar „kein Grund zum Jubeln“ sei, aber es noch deutlich schlimmer hätte kommen können. Die Kanzler-Partei kurz vor der Bedeutungslosigkeit – aber hey, da kann man nichts machen.
Nichts an diesem Wahlergebnis überrascht. Das starke Abschneiden der AfD war seit einem Jahr absehbar, der Erfolg von Sahra Wagenknecht zumindest seitdem feststand, dass die neue Partei sich rechtzeitig organisiert bekommt. Doch die Berliner Politik unternahm nichts, um die Entwicklung zu stoppen. Die Wende bei der Migrationspolitik kam viel zu spät und nur aus der Not heraus. Den Ärger über die Inflation ließ man unbeantwortet, die Steuern auf Grundnahrungsmittel blieben. Die Sorgen vor Kriminalität wurden nicht ausreichend aufgegriffen. Und selbst wenn die Regierung Richtiges entschied (49-Euro-Ticket), schaffte sie es, die Erfolge zu zerreden. Weil die Berliner Ampel nur noch wie ein zerstrittener Haufen wirkte, sprachen die Ost-Wähler ausgerechnet der Dagegen-Partei AfD eine breite Problemlösungskompetenz zu. Absurd. Aber selbst verschuldet.
Man sollte nicht den Fehler machen, Thüringen und Sachsen auf ganz Deutschland zu projizieren. Vor allem das Russlandbild ist im Westen komplett anders. Doch der Unmut über die Ignoranz der Berliner Blase lässt sich auch in Oberbayern mit Händen greifen. Während der Zeitgeist konservativer wird, hat die Regierung versucht, eine linke Politik durchzudrücken. Gegen den Widerstand, aber mit Stimmen der FDP, deren Wähler das überhaupt nicht goutieren. Das Ergebnis der Bundestagswahl in einem Jahr ist übrigens ebenfalls schon absehbar. Ob die Ampelparteien wieder nichts unternehmen? Mike.Schier@ovb.net