Drängendes Problem: Die Union will Migranten, die keinen Anspruch auf Asyl haben, gar nicht erst ins Land lassen. © dpa/Gareth Fuller
München/Berlin – So sieht Entschlossenheit aus, so klingt sie auch. Als die Gesandten der Union gestern am Bundesinnenministerium eintreffen, wo sie mit Vertretern der Bundesregierung und der Länder über die künftige Migrationspolitik beraten wollen, sprechen schon ihre Gesichter Bände. Torsten Frei (CDU), der Parlamentarische Geschäftsführer, und Fraktionsvize Andrea Lindholz (CSU) blicken ernst, Hessens Innenminister Roman Poseck steuert die passende Ansage bei. Er erwarte sich von dem Treffen „kurzfristige Ergebnisse“. Wenn nicht sofort, „dann unmittelbar danach“.
Der Ton ist damit gesetzt. Dabei geht es der Bundesregierung in erster Linie mal um Grundsätzliches. Sie hatte nach dem Messer-Attentat von Solingen ein Sicherheitspaket vorgestellt, das Maßnahmen in drei Bereichen vorsieht: eine härtere Gangart bei der Rückführung abgelehnter Asylbewerber in ihre Herkunftsländer, Schritte zur entschiedeneren Bekämpfung des islamistischen Terrors und Verschärfungen beim Waffenrecht. Diesen Katalog will die Ampel im Detail besprechen. Ein migrationspolitischer Durchbruch steht aus ihrer Sicht nicht auf der Agenda.
Drei Stunden sitzt man zusammen, eine mehr als ursprünglich geplant. Aus Unionskreisen ist anschließend zu hören, es sei ausschließlich um reine Migrationsfragen gegangen. Das Waffenrecht hingegen sei überhaupt nicht zur Sprache gekommen. Konkrete Ergebnisse, wie sie sich Poseck erhofft hat, gibt es nicht zu vermelden, schon gar nicht bei dem kontroversesten Punkt auf der Tagesordnung: der Frage von Zurückweisungen an den Grenzen.
Torsten Frei hatte im Vorfeld die Latte sehr hoch gehängt, als er nicht weniger als „eine grundlegende Wende in der Migrationspolitik“ zum Ziel erklärte. Und er erneuerte seine Forderung, jene Migranten an der Grenze zurückzuweisen, die zuvor bereits in einem anderen Land einen Asylantrag hätten stellen können.
Deutlich wird auch an diesem Tag, dass sich Regierung und Union dem Thema Asyl aus unterschiedlicher Richtung nähern. Die Ampel will den Schutzstatus häufiger entziehen und zügiger abschieben, während die Union Migranten, die keinen Anspruch auf Asyl haben, gar nicht erst ins Land lassen will. Er wundere sich, dass das Wort „Grenze“ in dem Sicherheitspaket überhaupt nicht vorkomme, sagt Poseck vor dem Treffen. Bewege sich die Ampel in dieser Frage nicht, „dann erübrigen sich weitere Gespräche“, warnt CDU-Chef Friedrich Merz.
An dieser Haltung ändert sich auch nach dem Termin nichts. „Es geht jetzt um einen sichtbaren Stopp der illegalen Migration“, sagt CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt gegenüber unserer Zeitung. „Dazu braucht es die Zurückweisungen an den Grenzen. Die Ampel muss dazu bereit sein.“ Andernfalls gebe es keine weiteren Treffen. Fast identisch äußert sich auch Merz.
Die Bundesregierung spielt in diesem Punkt auf Zeit. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) äußert sich am Abend nur vage: „Jetzt geht es darum, bestimmte Punkte, die wir vertraulich besprochen haben, rechtlich zu prüfen und dann weiter zu beraten.“ Die juristische Klärung sei Voraussetzung dafür, dass es weitergehe. Sie sei „dankbar für das ernsthafte und konstruktive Gespräch“.
Aus Teilnehmerkreisen heißt es, bei Zurückweisungen gebe es hohe rechtliche Risiken. Zudem riskiere die Union mit diesen Forderungen die mühsam errungene europäische Asylreform, die ebenfalls Verschärfungen vorsieht. Der österreichische Migrationsforscher Gerald Knaus, Architekt des EU-Türkei-Abkommens, nennt im ZDF die Forderung nach Zurückweisungen eine „Atombombe“. Ein Verstoß gegen EU-Recht würde dazu führen, „dass ganz viele in der EU es nachmachen“.