Arbeiten weiter eng zusammen: Rolf Mützenich (l.) und Kanzler Olaf Scholz. © dpa
Berlin/München – Am Donnerstagabend spielte sich bei einem Bürgerdialog mit dem Bundeskanzler eine vielsagende Szene ab. Warum gibt die Ampel ein so heillos zerstrittenes Bild ab? Das wollte ein 48-jähriger Erzieher aus Berlin-Pankow wissen. „Das ist wie so ein kleiner Haufen von Kindern: Der eine sagt das eine, der andere sagt das andere, und es wird alles nach außen kommuniziert.“ Von Scholz kam kein Widerspruch. „Die Wahrheit ist: Sie haben echt.“ Und er stellte die Gegenfrage: „Welches Patentrezept haben Sie? Ich meine, ich frage für einen Freund.“
Die Berliner Sommerpause neigt sich dem Ende zu, es wartet eine weitere schwierige Haushaltswoche, ein Thema, das die Koalition seit Monaten umtreibt. Vorher sind die Fraktionen in Klausur. Und zumindest bei den Ampelparteien ist die Stimmung kurz nach den Wahlen in Thüringen und Sachsen und zwei Wochen vor der Wahl in Brandenburg höchst überschaubar. Die SPD muss sich sogar noch mit einer K-Debatte herumschlagen. Denn während es an der Parteivorsitzenden Saskia Esken intern massive Kritik gibt, hat ihr Kollege Lars Klingbeil den Amtsinhaber Scholz in den Beliebtheitsumfragen überholt. Von Boris Pistorius ganz zu schweigen.
Immerhin. Fraktionschef Rolf Mützenich stellt sich klar hinter Scholz. „Der Rückhalt für den Bundeskanzler ist bei mir absolut“, sagt er zum Auftakt der SPD-Fraktionsklausur im brandenburgischen Nauen. „Ich unterstütze ihn in einer wirklich herausfordernden Zeit.“ Er meint: Kriege und eine schwierige wirtschaftliche Lage. Aber er hätte auch auf eine wachsende interne Debatte anspielen können. Der Bundestagsabgeordnete Mahmut Özdemir schrieb auf Facebook: „Führungsriegen, die zusehen, wie seit anderthalb Jahrzehnten die SPD sinkende Mitgliedszahlen und geringere Zustimmung in der Bevölkerung verzeichnet, müssen ihre Verantwortung erkennen.“ Die Menschen vertrauten der SPD nicht mehr. Mützenich sagt, er sehe trotzdem keinen Grund, die 207 Bundestagsabgeordneten zur Disziplin aufzurufen.
Lieber sprechen sie in der SPD über die politische Konkurrenz. „Wahlkampfgetöse“, „unseriös“, „nicht hilfreich“, heißt es bei den Genossen, aber auch den Grünen über das Ultimatum von CDU-Chef Friedrich Merz zu Entscheidungen bei der Asyl- und Migrationspolitik. „Herr Merz sollte genauso wie wir daran interessiert sein, dass das rechtssicher ausgestaltet werden kann“, sagt Mützenich. Vielleicht habe der Wahlkampf Merz in seinen Gedanken durcheinander gebracht. Grünen-Chef Omid Nouripour wirft Merz unseriöses Verhalten vor. „Die Türen stehen weiterhin offen für ernsthafte Gespräche, wenn die Union ernsthaft sprechen will.“
Es ist nicht einfach, konstruktiv nach Lösungen zu suchen – aber gleichzeitig auch noch Wahlkampf für die Landtagswahl nächste Woche zu führen. Wie berichtet geht es der Union vor allem um Zurückweisungen an der Grenze. Migranten, die bereits in anderen EU-Ländern registriert worden sind, sollen noch an den Grenzen zurückgebracht werden. „Das ist die notwendige Bedingung, um auch mit der Ampel zu einer gemeinsamen Entscheidung zum Stopp der illegalen Migration zu kommen“, sagt CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt.
Auch die CDU tagt im Wahlkampf-Gebiet Brandenburg. Man bereite bereits den Regierungswechsel vor, sagt Merz. „Wir beschäftigen uns praktisch gar nicht mehr oder ganz wenig nur am Rande mit dem, was von dieser Koalition kommt.“ Die Frage ist auch, wann die Union ihre eigene Personaldebatte löst. Die Entscheidung in der K-Frage rückt näher.
MM