Macrons wackliger Befreiungsschlag

von Redaktion

Barnier wird neuer Premier

In Frankreich, und nicht nur dort, werden manche Dankgebete in den Spätsommerhimmel gerufen haben. Zwei politisch zähe Monate nach der Parlamentswahl hat das Land endlich wieder einen Premier. Der Neue ist ein alter Fuchs: Michel Barnier war schon unter Francois Mitterrand Minister, hatte sich nach langer Karriere aus der aktiven Politik verabschiedet – und soll nun Präsident Emmanuel Macron aus der selbst verschuldeten Patsche helfen. Das könnte klappen, muss aber nicht.

Denn bei aller Erleichterung: Dass Macron einen Premier ernennt, ohne sich einer parlamentarischen Mehrheit gewiss zu sein, ist ein riskantes Manöver, das auch das Wahlergebnis ein wenig ad absurdum führt: Während der Präsident mithilfe des linken Lagers einen Sieg des rechtsnationalen Front National verhinderte, dürfte Barnier, Republikaner alter Schule, nun ausgerechnet auf Le Pen und die ihren angewiesen sein. Die Rechten werden sich eine Duldung mit innenpolitischen Zugeständnissen erkaufen. Aus Sicht der siegreichen Linken wäre das eine Ohrfeige, an der sie ihren Anteil haben. Wer nicht zu Kompromissen bereit ist, schaut am Ende in die Röhre.

Barnier selbst gilt als Antithese zum eitlen Macron: unemotional, langweilig. In aufgeheizter politischer Lage ist das nichts Schlechtes. Sollte der frühere Brexit-Chefverhandler eine parlamentarische Mehrheit bekommen, hätte das für Macron zwar einen Preis: Gerade in der Innenpolitik würde er an Einfluss einbüßen, dafür aber wieder fester im Sattel sitzen. Die Konkurrenz in Paris wetzte zuletzt schon die Messer, hoffte auf Macrons Sturz. Mit seinem Kompromiss-Mann könnte er den Kopf aus der Schlinge gezogen haben. Marcus.Maeckler@ovb.net

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