München – Ein Expertenpapier der katholischen Kirche in Deutschland fordert eine andere Agrarpolitik. Die vor allem auf Flächen bezogenen Subventionen setzten massive Fehlanreize, heißt es in dem gestern in München vorgestellten Text. Das System befördere den Verlust fruchtbarer Böden und könne das Höfesterben nicht verhindern. Der Schutz des Klimas, der Artenvielfalt und die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung müssten zusammen angegangen werden.
Statt einseitig betriebswirtschaftliche Effizienz zu berücksichtigen, sollten Bauern besonders auch dafür honoriert werden, wenn sie nachhaltig agierten und etwa die CO2-Aufnahme auf ihren Äckern verbesserten, so die Fachleute. Die Autoren rufen zu einer „globalen Landnutzungswende“ auf. Die Landwirtschaft sei „ein Hauptverursacher für negative Veränderungen der Erdoberfläche“. In ihrer derzeitigen Form trage sie auch wesentlich zum Artensterben bei. Böden müssten als Gemeingüter betrachtet werden.
Weil Klimaschutz mehr Flächen brauche für Windräder, Sonnenkollektoren und den Erhalt der Artenvielfalt, sei die Ausweitung von Ackerflächen auch keine Option mehr. Stattdessen müssten ökologisch wichtige Böden wie Auen und Moore großflächig renaturiert werden. Das erfordere dann auch eine andere Bewirtschaftung, etwa durch Wasserbüffel statt Weiderinder, sagte der Münchner Wirtschaftsethiker Johannes Wallacher.
Wallacher ist Vorsitzender der Sachverständigengruppe „Weltwirtschaft und Sozialethik“ der Deutschen Bischofskonferenz. Die neue Studie hat rund 70 Seiten und trägt den Titel „Ernährungssicherheit, Klimaschutz und Biodiversität: Ethische Perspektiven für die globale Landnutzung“. Die Autoren plädieren für einen neuen politischen Ordnungsrahmen und finanzielle Anreize. Staat und Kirchen sollten als große Grundbesitzer ihren Pächtern Vorgaben machen, etwa beim Düngen und bei der Schädlingsbekämpfung. Einkommensschwache Verbraucher sollten eine pauschale Prämie erhalten, um sich gesündere, aber auch teurer produzierte Lebensmittel leisten zu können. Interessen zwischen Landwirtschaft, Handel und Naturschutz müssten fair ausgeglichen werden.
CHRISTOPH RENZIKOWSKI