Kontrolle am Grenzübergang Kiefersfelden. © dpa
München/Berlin – In einem Brief an die EU-Kommission in Brüssel zeichnet Nancy Faeser (SPD) ein drastisches Bild der Zustände an Deutschlands Grenzen. Es handele sich um eine „unverändert besorgniserregende Situation“, heißt es in Faesers Schreiben, über das der „Spiegel“ berichtet. Die Zahl der irregulären Einreisen sei „in ihrer Höhe“ von 50 000 Fällen von Januar bis einschließlich Juli nicht akzeptabel, wird aus dem Schreiben der Ministerin zitiert. Dadurch verschärfe sich die bereits angespannte Situation in Ländern und Kommunen weiter. Die Migrationsbehörden gerieten „zunehmend an die Grenzen des Leistbaren bei Aufnahme, Unterbringung und Versorgung“, schreibt Faeser dem Bericht zufolge. Es drohe eine „Überforderung des (solidarischen) Gemeinwesens“. Daraus folgende „Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“ müssten verhindert werden. Zuletzt hätten in Deutschland „Vorfälle von Messer- und Gewaltkriminalität durch Geflüchtete zu einer massiven Beeinträchtigung des Sicherheitsgefühls der Bevölkerung und des Inneren Friedens geführt“.
Der Brief ist demnach als Rechtfertigung für die ab Montag geplanten Kontrollen an den Grenzen zu Frankreich, Luxemburg, Belgien, den Niederlanden und Dänemark zu verstehen. An den Grenzen zu Österreich, Polen, Tschechien und der Schweiz gibt es solche Kontrollen bereits. Sie sind im Schengen-Raum eigentlich nicht vorgesehen. Mit Problemen im Verhältnis zu den betroffenen Nachbarstaaten rechnet die Bundesregierung nach eigener Aussage deshalb allerdings nicht. Der Sprecher des Bundesinnenministeriums betonte, „dass wir natürlich mit allen europäischen Partnern in ganz engem Kontakt stehen“. Die Nachbarstaaten seien vor der Anordnung der weiteren Binnengrenzkontrollen informiert worden.
Am Dienstag hatte die Bundesinnenministerin zudem ein Modell vorgestellt, wie die Rücküberstellungen von Asylsuchenden in für ihre Verfahren zuständige EU-Staaten nach den sogenannten Dublin-Regeln beschleunigt werden könnten. Dafür müssten die Bundesländer die Voraussetzungen schaffen, etwa Gewahrsamplätze bereitstellen. Das bayerische Innenministerium wollte sich zu diesen Plänen zunächst nicht äußern, da ihm diese nach Angaben einer Sprecherin „bislang nur aus den Medien beziehungsweise vom Hörensagen bekannt“ sind.
Nach den Plänen von Faeser soll künftig die Bundespolizei bei jedem Asylgesuch durch Datenabfrage und Befragungen prüfen, ob ein anderer EU-Staat für das Verfahren zuständig ist. Da Deutschland keine EU-Außengrenze hat, liegt das bei einer Einreise über den Landweg in jedem Fall nahe. Deswegen sollen alle Asylsuchenden in grenznahen Einrichtungen untergebracht werden. Gibt es konkrete Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Landes, soll auch eine Inhaftierung möglich sein.
HOR/DPA/EPD