Der neue starke Mann: Michel Barnier wurde vergangene Woche zum Premier ernannt. © afp/Francois Nascimbeni
Paris – Frankreichs neuer konservativer Premierminister Michel Barnier plant den großen Wurf: Es werde „keine Kabinettsumbildung, sondern eine neue Regierung“ geben, kündigte er an. Und diese solle nächste Woche endlich stehen. Sechs Tage nach seiner Ernennung ist weiterhin offen, wer dazu zählen könnte. Es zeichnet sich allerdings ab, dass die Regierung weiter nach rechts rückt als bisher.
Die Blockade-Situation in der Nationalversammlung mit drei verfeindeten Lagern, die alle weit von der absoluten Mehrheit entfernt sind, erschwert die Regierungsbildung. Das linke Wahlbündnis Neue Volksfront, das bei der vorgezogenen Parlamentswahl im Juli vorne lag, ist verärgert, weil Macron die vom Bündnis vorgeschlagene Kandidatin für das Amt der Premierministerin abgelehnt hatte.
Gegen Barnier wollen die Linken umgehend einen Misstrauensantrag einreichen, an der Regierung wollen sie sich auch nicht beteiligen. Barnier sucht trotzdem weiter nach linken Persönlichkeiten, denen er einen Ministerposten antragen könnte – eine allzu rechtslastige Regierung dürfte angesichts der Mehrheitsverhältnisse keine lange Lebensdauer haben.
Das Präsidentenlager, das bei der Wahl seine relative Mehrheit verloren hatte, ist sich noch uneins. Vor allem Macrons linker Flügel betrachtet den neuen Premierminister mit Skepsis, da dieser 2021 im Vorwahlkampf für die Präsidentschaftswahl mit einwanderungsfeindlichen Vorschlägen auf sich aufmerksam gemacht hatte.
„Ich brauche Euch, und der Präsident braucht Euch auch“: So umwarb Barnier die Abgeordneten der Macron-Partei Ensemble pour la République (Gemeinsam für die Republik, früher Renaissance). Doch eine bedingungslose Unterstützung kann er nicht erwarten, das machte ihm Fraktionschef Gabriel Attal klar – der sein Amtsvorgänger ist. „Wir sind nicht bereit, unsere Werte aufzugeben“, sagte Attal in Anspielung auf Barniers frühere Forderungen, etwa die medizinische Versorgung von Migranten zu beschneiden.
Die stärkste Unterstützung kann Barnier naturgemäß von seiner eigenen politischen Familie erwarten, der Droite Républicaine (früher Republikaner). Die waren bei der Parlamentswahl gerade mal auf fünf Prozent der Stimmen gekommen und sind nun hoch erfreut, einen Premierminister aus ihren Reihen zu haben.
Mehrere Minister, die Macron zuvor schon bei den Konservativen abgeworben hatte, könnten darauf hoffen, unter Barnier im Amt zu bleiben – allen voran Innenminister Gérald Darmanin, dem Interesse am Außenministerium nachgesagt wird. Auch Kulturministerin Rachida Dati dürfte auf eine Verlängerung hoffen.