Berlin weist Putins Warnung zurück

von Redaktion

Nach Moskaus Drohungen stellt die Bundesregierung klar, dass es dem Westen frei stehe, der Ukraine den Einsatz weitreichender Waffen gegen Russland zu erlauben. Deutsche Waffen seien aber ohnehin nicht gemeint gewesen. Unterdessen dringen Kiews Drohnen auch heute schon weit in Putins Luftraum ein.

„Droht, wann er will“: Russlands Machthaber Wladimir Putin bei einer Video-Konferenz mit seinem Sicherheitsrat. © AFP

Berlin/Kiew – Es ist ein Vorwurf, der sicher auch aufrütteln soll. Der Westen habe „Angst“, über Hilfe für die Ukraine beim Abschuss von russischen Raketen zu sprechen, sagt am Freitag Wolodymyr Selenskyj. „Wenn die Verbündeten gemeinsam Raketen und Drohnen in den Gebieten im Nahen Osten abschießen, warum gibt es immer noch keine ähnliche Entscheidung, zusammen russische Raketen und (iranische) Schaheds am Himmel der Ukraine abzuschießen?“, fragt der ukrainische Präsident bei einer Konferenz in Kiew. „Sie haben Angst, auch nur zu sagen: ‚Wir arbeiten daran‘“, lautet Selenskyjs eigene Antwort.

Angst machen will Russlands Machthaber Wladimir Putin zweifelsohne auch mit seinen am Donnerstag ausgesprochenen Warnungen, der Westen riskiere einen direkten Krieg mit Russland, wenn er der Ukraine den Einsatz weitreichender Waffen gegen Ziele in Russland erlaube. Doch Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hält diese Möglichkeit hingegen für vom Völkerrecht gedeckt. „Putins Drohungen sind Putins Drohungen. Mehr muss man dazu nicht sagen. Er droht, wann immer es ihm beliebt, und lockt, wann immer er es für richtig hält“, sagt Pistorius. Es stehe den USA und Großbritannien frei, einen solchen Einsatz auf russischem Gebiet mit Blick auf die von ihnen gelieferten Waffen „so zu entscheiden“, sagte Pistorius am Freitag in Berlin. Dies sei ihre Sache. „Das Völkerrecht lässt das zu.“

Pistorius äußerte sich beim Besuch des litauischen Verteidigungsministers Laurynas Kasciunas. Kasciunas sagte, dass Putin und Russland „immer versuchen, den Mythos zu schaffen“, dass sie sehr hart reagieren würde. Sein Land habe zwar keine Langstreckenwaffen, Litauen habe sich aber entschieden, Ressourcen für die ukrainische Verteidigungsindustrie bereitzustellen, damit diese selber weitreichende Waffen herstellen könne. Litauen werde der Ukraine „dabei helfen, sie zu produzieren“, sagte Kasciunas weiter. „Das ist also auch eine Option für andere Länder.“

Derweil erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit mit Blick auf Deutschland, die aktuelle Diskussion drehe sich „um Waffen, die wir gar nicht geliefert haben“. Die in Rede stehenden Waffen seien „qualitativ andere“ als die von Deutschland an die Ukraine gelieferten – und überträfen diese in ihrer Reichweite. Insofern seien auch keine Änderungen notwendig, betonte Hebestreit.

Auch schon ganz ohne die in Rede stehenden weitreichenden West-Waffen, sorgt die Ukraine offenbar für Nervosität in russischen Gebieten, die weit weg von ihr liegen. In der nordrussischen Region Murmansk gehen die Behörden erneut von einer Gefahr durch ukrainische Drohnen aus. Zur Sicherheit werde der Luftraum gesperrt, schrieb Gouverneur Andrej Tschibis auf Telegram. Die Region ist etwa 1900 Kilometer von der Ukraine entfernt. Bereits am Mittwoch hatte Tschibis von einem Angriff auf das Gebiet Murmansk geschrieben, bei dem drei Drohnen abgeschossen worden seien. Die Luftverkehrsbehörde Rosawiazija hatte aus Sicherheitsgründen vorübergehend Starts und Landungen auf zwei Flughäfen ausgesetzt.

Im hohen Norden Russlands befinden sich die Nordflotte sowie ein Luftwaffenstützpunkt, von dem aus strategische Bomber zu Angriffen auf die Ukraine aufsteigen. Russlands Nordflotte nimmt seit Montag auch an einem Großmanöver der Marine in den Gewässern der Arktis teil. Ende Juli hatte der ukrainische Militärgeheimdienst einen Angriff gegen einen russischen Luftwaffenstützpunkt bei Murmansk für sich reklamiert. Die Ukraine hat zuletzt wiederholt Ziele auf russischem Staatsgebiet mit Drohnen angegriffen.

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