FW-Chef Hubert Aiwanger im Wahlkampf. © dpa
München – Der Kurort Bad Griesbach, saubere Luft und heilendes Thermalwasser, preist sich als Quell für Erholung und Gelassenheit. Doch nach drei Tagen Rückzug ins niederbayerische Rottal wirkt Hubert Aiwanger nicht gerade tiefenentspannt. Im Gegenteil: Kämpferisch, in der Wortwahl schroff, beendet der Freie-Wähler-Chef die Klausur seiner Landtagsabgeordneten. Aiwanger fordert eine Verfassungsklage gegen die Ampel-Asylpolitik, kritisiert den Bund und will die CSU vor sich hertreiben. In der Migrationspolitik legt er seine Partei damit auf einen harten Kurs fest.
Aiwanger schimpft über „Islamisten, die auf unsere Kosten leben und Geld nach Hause an ihre Taliban-Chefs überweisen“. Und über die Asyl-Ausgaben von Bund und Bayern, während „für Hochwasserschutz und das Retten von Krankenhäusern kein Geld“ da sei. Die illegale Migration sei auch ein Grund, warum die Wirtschaft in die Knie gehe. „Wir prüfen eine Verfassungsklage gemeinsam mit der CSU“, bekräftigt er. Die Klage soll erzwingen, dass Grundgesetz.-Artikel 16a eingehalten werde. Darin steht sinngemäß, dass politisch Verfolgte kein Asylrecht genießen, wenn sie aus einem EU-Staat (oder der Schweiz) einreisen. Das trifft auf dem Landweg auf alle zu. Aiwangers Folgerung, die auch weite Teile der CDU/CSU teilen: alle Flüchtlinge an der Grenze zurückweisen.
Die 2016 schon mal von Horst Seehofer vorgebrachte Klage-Idee taucht kurzfristig bei der FW-Klausur auf, nicht vorbereitet. Alle Abgeordneten gehen mit – auch Fraktionschef Florian Streibl, der sich sonst sehr bemüht, einen mittigen Kurs zu halten, und der verbal vorsichtiger agiert als Aiwanger. Im Hintergrund dominieren, so ist zu hören, zwei Überlegungen. Zum einen stehen die Freien Wähler in Brandenburg knapp vor dem Landtags-Einzug. Die aktuell 4,5 Prozent würden am 22. September dank Grundmandatsklausel reichen, wenn sie erneut einen Wahlkreis direkt holen, was gut möglich ist. Aiwanger schaltet sich persönlich stark in den Wahlkampf ein. Nach überstandener Flugblatt-Affäre spitzt er nun auch wieder stärker zu und will damit CDU und AfD Stimmen abjagen.
Zum anderen machen die Freien Wähler damit dem Koalitionspartner in Bayern Druck, mit dem es zuletzt mehrfach Rempeleien um Stil- und Detailfragen gab. Die Klage-Drohung ist von einem Kaliber, das gut und gern auch die am Montag startende Klausur der CSU hätte prägen können, etwa als Aufschlag von Markus Söder. Nun muss die CSU das als FW-Plan in der Zeitung lesen und hat allenfalls die Wahl, sich der Idee anzuschließen. „Wir sind die Ideengeber der CSU“, frohlockt Aiwanger. Er hat Söder also rechts überholt. Die Christsozialen reagieren vorsichtig. „Eine Klage löst das Problem kurzfristig zumindest nicht“, sagt Fraktionschef Klaus Holetschek. Aiwanger solle „nicht ständig heiße Luft produzieren“. Die Staatskanzlei lehnt eine Klage rundweg ab.
C. DEUTSCHLÄNDER