Was Merz als Kanzler plant

von Redaktion

Wirtschaft, Verbrenner, Rente: CDU-Chef Friedrich Merz skizziert die Eckpunkte einer künftigen Bundesregierung unter seiner Führung. Bei den meisten Themen herrscht Übereinstimmung mit der Schwesterpartei. Nur in einem zentralen Punkt gibt es sofort Widerspruch aus Bayern.

Bereit für die Baustelle Deutschland: Von der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) hat Merz praktischerweise einen Schutzhelm geschenkt bekommen. © dpa/Schröter

München – Es gibt ein paar Dinge, die das Land über Friedrich Merz noch nicht flächendeckend weiß. Zum Beispiel die robuste Gesundheit seines Vaters. Joachim Merz hat im Januar seinen 100. Geburtstag gefeiert, sein Sohn ließ dafür den Besuch bei der CSU-Klausur sausen. Seine Mutter ist dieses Jahr 96 geworden, auch sämtliche Großeltern wurden älter als 90. Friedrich Merz, der im November 69 wird, hat darauf am Dienstagabend selber hingewiesen, als er in der ARD auf sein Alter und die Vereinbarkeit mit den Härten einer Kanzlerschaft angesprochen wurde. „Biologisch“, folgerte er, „habe ich noch einige Jahre vor mir.“

Auch in politischen Sachfragen beginnt das Kennenlernen jetzt erst so richtig. Als Oppositionsführer hat Merz die Ampel vor sich hergetrieben, doch die große Richtung gab er noch nie vor. Die Kür zum Kanzlerkandidaten lässt ihn und seine Pläne nun schlagartig in den Fokus rücken. Und Merz verliert keine Zeit.

Sinnigerweise trägt das ARD-Format, in dem er am Dienstag zu Gast war, den Titel „Farbe bekennen“. Nicht alles, was Merz da vortrug, war neu. Wirtschaftspolitisch etwa, das war bekannt, zielt er vor allem auf den Arbeitsmarkt ab und das aus seiner Sicht „völlig verunglückte System“ Bürgergeld. Gänzlich abschaffen will er es nicht, aber mit einer Reform sicherstellen, „dass diejenigen, die arbeiten, am Ende des Monats mehr haben als die, die nicht arbeiten“.

Das kommt ebenso wenig überraschend wie sein vehementes Eintreten für den Verbrenner. „Klar und eindeutig“ sprach er sich dafür aus, das EU-weite Aus für Neuwagen ab 2035 zu überdenken. Nicht ganz so rigoros ist seine Haltung bei der Frage, ob Deutschland unter seiner Führung den Atomausstieg rückgängig mache. Zumindest die Option will er sich offenhalten, wenn auch die Frage sich – aus Mangel an Kraftwerken – akut gar nicht stelle. Weil er aber die Gaskraftwerksstrategie der Ampel für gescheitert hält, kann er sich eine Beteiligung an der Erzeugung von Atomenergie in Nachbarländern (Frankreich, Polen, Tschechien) vorstellen.

Das könnte, wenngleich vage formuliert, bei Koalitionsverhandlungen ein spannender Punkt werden. Zwar sieht Merz die Grünen sehr kritisch und wirft ihnen „Regulierungswut“ und „Technikfeindlichkeit“ vor. Gänzlich ausschließen will er ein Bündnis mit der Ökopartei aber nicht. „Aus heutiger Sicht“ sei es undenkbar, doch wenn sich in den nächsten zwölf Monaten etwas gravierend ändere, „können wir schauen“.

In Kürze will die Union ein 100-Tage-Programm zur Rente vorstellen, in dem sie Vorschläge macht, um das System einerseits stabil zu halten, andererseits die ausufernden Kosten zu reduzieren. Dass er dafür auch beim Eintrittsalter nachschärfen könnte, schloss er bei „Focus Online“ aber ausdrücklich aus: „Die 67 bleibt.“

International geht Merz davon aus, dass auch eine US-Präsidentin Kamala Harris für Europa eine schwierige Verhandlungspartnerin wäre, nur nicht so barsch wie Donald Trump. Die deutsche Außenpolitik werde unter einem Kanzler Merz nicht mehr „wertegeleitet“, sondern pragmatisch sein. Belehrungen, wie sie Annalena Baerbock etwa Richtung China formuliert habe, lehnt er ab.

Die CSU trägt Merz‘ Inhalte komplett mit. Ein gemeinsames Wahlprogramm komme, sagte Parteichef Markus Söder intern zu. Vereinbart ist aber dem Vernehmen nach, dass Söder ein eigenes Bayern-Programm drauflegen darf mit Forderungen, die vielen CDU-Ministerpräsidenten nicht passen. Die CSU wird nochmal nach einer regionalisierten Erbschaftssteuer rufen, nach Stützungen beim Agrardiesel und Mehrwertsteuersenkungen in der Gastronomie. Söder will die Cannabis-Legalisierung zurückdrehen und auch Teile des gelockerten Staatsbürgerschaftsrechts. Söder behält sich auch vor, härtestmöglich die Grünen anzugehen. Eine „Untergangsregierung“ nannte er vor Parteifreunden die aktuelle Regierung und schlussfolgerte: „Schwarz-Grün in Deutschland ist für uns ein absolutes No-Go.“

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