Wie Pager zu Waffen wurden

von Redaktion

Chaos in Beirut: Soldaten der libanesischen Armee sichern nach der Pager-Attacke die Zufahrt eines Krankenwagens zum Gelände einer Klinik. © Marwan Naamani/dpa

Beirut – Hunderte kleine sogenannte Pager explodieren gleichzeitig im Libanon. Tags darauf sind es Walkie-Talkies. Mindestens 21 Menschen kommen ums Leben, auch zwei Kinder. 3100 Menschen werden verletzt. Darunter befinden sich viele Mitglieder der proiranischen Hisbollah, aber auch Zivilisten. Die Schiitenorganisation macht Israel verantwortlich. Die wichtigsten Antworten:

Wer ist die Hisbollah?

Die Schiitenorganisation Hisbollah entstand 1982 mit iranischer Unterstützung als Antwort auf die israelische Invasion im Bürgerkrieg im Libanon. Seitdem kämpft sie politisch, aber auch mit Gewalt gegen Israel. Die Hisbollah ist auch im libanesischen Parlament vertreten. Sie gilt heute als einflussreiche politische Kraft in einem Land mit einem generell schwachen und durchweg korrupten Staat. Ihre Macht stützt sich unter anderem auf ihre eigene Miliz, mit der sie ganze Gebiete kontrolliert, darunter die Region an die Grenze zu Israel.

Was wissen wir über die Pager?

Die als Pager bekannten kleinen Funkempfänger trugen das Logo der Firma Apollo. Das in Taiwan ansässige Unternehmen hat eine Verbindung zu dem Vorfall aber von sich gewiesen. Auf Nachfrage erklärte Gold Apollo, eine in Ungarn ansässige Firma habe die Geräte entworfen und gefertigt. Sicherheitskreisen zufolge stammten viele der Pager aus einer Lieferung, die erst kürzlich im Libanon eintraf. Die „New York Times“ berichtete unter Berufung auf Regierungsvertreter, israelische Agenten hätten die Geräte vorher abgefangen und mit kleinen Mengen Sprengstoff samt einem Code versehen. Mit diesem Code seien die Geräte dann zur Explosion gebracht worden.

Wer steckt hinter den Explosionen?

Offiziell hat Israel sich bisher nicht geäußert. Ein technisch so anspruchsvoller Angriff trägt aber die Handschrift von Israels Geheimdiensten, die mehrfach ähnlich komplexe Attacken durchführten, um etwa hochrangige Feinde zu töten. 1996 wurde der Hamas-Militärchef und Bombenbauer Jihia Ajasch durch Sprengstoff in seinem Mobiltelefon getötet, gezündet durch einen Anruf aus der Ferne. Israel sei damals – soweit bekannt – das erste Land gewesen, das ein Kommunikationsgerät für ein Attentat genutzt habe, schrieb der israelische Geheimdienstexperte Ronen Bergman.

Wenn es Israel war: Warum?

Israels Armee und die Hisbollah liefern sich seit Beginn des Gaza-Kriegs immer wieder schweren Beschuss. Mit dieser Attacke, die Experten als beispiellos beschreiben, kann Israel erneut seine technische Überlegenheit gegenüber der Hisbollah demonstrieren. Sollte die Miliz etwa mit großem Raketenbeschuss auf Israel antworten, würde sie nur beweisen, dass sie selbst zu keiner solch anspruchsvollen Attacke fähig ist. Der frühere CIA-Offizier Robert Baer sagte CNN, der Angriff sei „verheerend für die Hisbollah“ und zeige gleichzeitig Israels außergewöhnliche technische und geheimdienstliche Fähigkeiten. Experten schätzen den Angriff auf die Kommunikationsgeräte vieler Hisbollah-Mitglieder als herben Schlag für die Miliz ein, die auch ihren Kampfgeist schwächen dürfte. Eines ihrer wichtigsten Kommunikationsmittel ist nun gestört oder gar nicht mehr brauchbar. Die Hisbollah hat Vergeltung für die „sündige Aggression“ Israels geschworen. Generalsekretär Hassan Nasrallah kündigte für Donnerstagnachmittag eine Rede an.

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