Die Wiesn-Zeit hat denkbar schlecht begonnen. Ein junger Mann kam beim Aufbau einer Achterbahn ums Leben. Zwei Wochen zuvor attackierte ein österreichischer Islamist das israelische Generalkonsulat in München. Dazu die tödliche Messer-Attacke eines syrischen Asylbewerbers in Solingen. Für das Oktoberfest gilt eine „hohe abstrakte Gefährdungslage“. Wer zu den weltberühmten Tempeln der Bierseligkeit gelangen will, der muss erstmals an zahlreichen Ordnern mit Metalldetektoren vorbei. Manche sprechen von einer Hochsicherheits-Wiesn. Oans, zwoa, Gefahr. Wie, bittschön, soll da Gemütlichkeit aufkommen?
Man kann es aber auch ganz anders sehen. Vielleicht ist es in Tagen wie diesen besonders wichtig, die Wiesn zu haben. Denn Bierzelt-Gemütlichkeit, wenn man sie ernst nimmt, ist keine Weltflucht und auch keine professionalisierte Dauer-Bierdimpfligkeit, wie manche Auswärtigen denken. Gemütlichkeit ist ein urbayerisches Konzept, für das man manchmal eben kämpfen und ein bisserl ins Risiko gehen muss. Die Gegner? Miesmacher. Feinde der liberalen Gesellschaft. Extremisten aller Art.
Denn eines ist ja wohl klar: Es ist das gute Recht eines jeden erwachsenen Besuchers, Ende September absurd starkes Bier in absurd großen Krügen zu einigermaßen absurden Preisen zu konsumieren. Nichts muss, aber vieles kann hier auf der Theresienwiese in München. Wir nennen es Freiheit.
Natürlich wird Deutschland in den nächsten 16 Tagen nicht auf den Bierbänken der Ochsenbraterei und der Fischer Vroni verteidigt, aber falsch macht man auch nichts, wenn man mal eine Runde zu Füßen der Bavaria dreht. Es stärkt die Konjunktur, die Demokratie und einen selbst.
STEFAN.SESSLER@OVB.NET