König Macron und seine Puppe Barnier? In Paris gab es bereits Proteste gegen die neue Regierung. © AFP
Paris – Frankreichs neue Regierung war gerade ernannt worden, da machte ein düsteres Wort die Runde: Misstrauensvotum. François Hollande, ehemals Präsident, jetzt Abgeordneter der Sozialisten, nannte das Team um Premier Michel Barnier ein „schlingerndes Gespann“, das gestürzt werden müsse. Sébastien Chenu, Vizechef des rechtspopulistischen Rassemblement National, sagte Ahnliches. Frankreich mag eine neue Regierung haben, die Frage ist nur: Wie lange?
Die Empörung von links und rechts war zu erwarten, sie ist nicht ganz unberechtigt. Elf Wochen lang wurde um die Besetzung der Regierung gerungen. Und obwohl das linke Lager bei der vorgezogenen Neuwahl am stärksten abschnitt, ist nun ein Team herausgekommen, das maßgeblich aus Vertretern des Präsidentenlagers und der Konservativen besteht. Links fühlt man sich deshalb um den Sieg betrogen. Präsident Emmanuel Macron steht eine schwierige Zeit bevor.
Am Samstagabend hatte Macron die 39-köpfige Regierungsmannschaft ernannt. Außenminister wird der bisherige Europaminister Jean-Noël Barrot, ein Befürworter einer gemeinsamen EU-Schuldenaufnahme. Wirtschaftsminister wird der eher unbekannte Antoine Armand, ein Vertrauter Macrons. Verteidigungsminister bleibt Sébastien Lecornu. Die vielleicht umstrittenste Personalie ist die des neuen Innenministers Bruno Retailleau. Der Republikaner gilt als Hardliner beim Thema Migration und innere Sicherheit.
Das linke Lager ist nur mit einem Minister vertreten: Der frühere sozialistische Abgeordnete Didier Migaud wurde zum Justizminister ernannt. Mehrere linke Politiker hatten Ministerposten zuvor allerdings abgelehnt. Der sozialistische Parteichef Olivier Faure sprach von einer insgesamt „reaktionären Regierung, die der Demokratie den Stinkefinger zeigt“. Es handele sich um die „am weitesten rechts stehende Regierung“ in Frankreich seit dem Zweiten Weltkrieg.
Das neue Kabinett startet also unter größten Vorbehalten. Heute Nachmittag soll es zu seiner ersten Sitzung zusammentreten. Am 1. Oktober soll Barnier seine Regierungserklärung in der Nationalversammlung abgeben. Bis Anfang Oktober muss auch ein Haushaltsentwurf für 2025 stehen, sodass er bis zum Jahresende verabschiedet werden kann.
Ob die Regierung bis dahin hält, hängt vor allem vom Rassemblement National ab. RN-Vizechef Chenu drohte am Samstag, seine Partei werde sich den von Barnier vorgelegten Haushalt genau anschauen. „Selbstverständlich“ behalte man sich „die Möglichkeit eines Misstrauensvotums vor“. Gemeinsam mit dem linken Lager hätte man genug Stimmen.
Um das zu verhindern, dürfte Barnier sich verstärkt den Themen zuwenden, die die Rechtspopulisten bewegen: Einwanderung und innere Sicherheit. Macrons Handlungsfreiheit ist indes erheblich eingeschränkt. Der Präsident dürfte Schwierigkeiten haben, in seiner verbleibenden Amtszeit bis 2027 noch größere Reformen durchzusetzen.