Arbeitsplatz der Agenten? In diesem Büro in Ungarns Hauptstadt Budapest soll die Firma gesessen haben. © AFP
München – Es war eine so brutale wie raffinierte Operation, die wohl in die Geheimdienst-Geschichte eingehen wird. Der Pager-Angriff, hinter dem mutmaßlich der israelische Geheimdienst Mossad steckt, tötete mindestens 39 Menschen und verletzte mehr als 3000. Die meisten davon standen in enger Verbindung mit der Terror-Miliz Hisbollah, aber auch Unbeteiligte und Kinder waren unter den Opfern. Doch wie war es überhaupt möglich, die Kommunikationsgeräte einer grundsätzlich vorsichtigen und misstrauischen Organisation so großflächig unbemerkt mit Sprengstoff zu präparieren? Die renommierte „New York Times“ will große Teile des in der vergangenen Woche Geschehenen reproduziert haben.
Um 15.30 Uhr libanesischer Ortszeit hätten die präparierten Pager am Dienstag vor einer Woche demnach gleichzeitig zunächst zu piepen und vibrieren begonnen, bevor sie nahezu zeitgleich explodierten. Der mutmaßliche Gedanke dahinter: Ihre Besitzer sollten die Geräte möglichst in die Hand nehmen und ihren Blick darauf richten, bevor sie in die Luft flogen – mit dem Ziel, schwere Verletzungen an Händen und Augen zu verursachen. Dieser Plan ging auf. Und das sogar noch ein zweites Mal, als am Folgetag auch noch Walkie-Talkies zu Bomben wurden.
Auch darüber, wie der Sprengstoff in die Geräte gelangen konnte, hat die „New York Times“ Erkenntnisse veröffentlicht. Insidern zufolge habe der israelische Geheimdienst nicht etwa einfach die Lieferung einer Pager-Firma abgefangen – er sei selbst die Pager-Firma gewesen. Unter dem Mantel eines Unternehmens mit Sitz in Ungarn habe man sich die Erlaubnis des taiwanesischen Herstellers Gold Apollo besorgt, dessen Pager selbst zu produzieren. Das Konstrukt sei mit der Gründung weiterer Unternehmen zusätzlich verschleiert worden. Auch in Bulgarien gibt es Ermittlungen.
Israels Agenten hätten nun in aller Ruhe Geräte mit Sprengsätzen versehen und gleichzeitig über einen Mittelsmann ein Nachschub-Geschäft mit der Hisbollah anbahnen können, so stellt es die „New York Times“ dar. Die Miliz brauchte Pager, weil sie dazu übergegangen war, die altmodischen Geräte statt Mobiltelefonen einzusetzen. Ironischerweise, um sicherer vor Israels Abhöraktionen zu sein. Kurioses Detail: Um seriös zu wirken, habe die Scheinfirma auch andere Kunden mit Geräten beliefert, berichtet die US-Zeitung – allerdings ohne Sprengstoff.
Ob es wirklich genau so war, ist ungeklärt. Ein Sprecher der ungarischen Regierung erklärte, die entsprechende Firma verfüge über keine Niederlassung in Ungarn. Die Chefin des Unternehmens bestritt, die Geräte hergestellt zu haben, und erklärte, lediglich als Zwischenhändlerin zu arbeiten.
MM