KOMMENTAR

Ende des grünen Zeitalters

von Redaktion

Rücktritt der Parteispitze

Während sich der Kanzler und seine Ampelminister (noch) an ihre Ämter klammern, wenn auch unter Drohungen und Ultimaten, schafft die grüne Parteispitze Fakten: Es fällt schwer, im Rücktritt des Vorstands etwas anderes zu sehen als den Anfang vom Ende der Regierung. Schneller als SPD und FDP haben die Grünen begriffen, dass das Urteil der Wähler im Osten ein unmissverständlicher demokratischer Imperativ war, der lautete: Abtreten, und zwar schnell. Das verdient Respekt.

Der Zerfallsprozess der Ampel, die sich von Anfang an als dysfunktional und ungeeignet erwies, das Land aus seiner tiefen Krise zu führen, ist das eine. Für die Grünen fällt der Kollaps der Regierung aber, wie der scheidende Co-Parteichef Omid Nouripour eingestand, mit der „tiefsten Krise unserer Partei seit einer Dekade“ zusammen. Der Abstieg der Grünen, die noch vor zwei Jahren mit Zustimmungsraten von 25 Prozent die bestimmende Kraft in Deutschland waren, auf zuletzt einstellige Umfragewerte ist beispiellos. Gescheitert ist der Versuch, die deutsche Realität an die grüne Ideologie anzupassen. Mit Händen zu greifen wurde das bei der ungezügelten Migration, an die sich die Grünen auch dann noch klammerten, als die Bürger schon in Scharen zu den Rechten liefen. Oder in der Energiepolitik: Dass Wirtschaftsminister Habeck just auf dem Höhepunkt der größten Energiekrise die letzten Atommeiler abschaltete, wird als historischer Fehler in die Industriegeschichte eingehen. Der Sturz der Auto-Ikone VW hat, neben diversen anderen Gründen, auch mit den hohen Energiekosten zu tun. Und es ist nur gerecht, dass das Problem jetzt dessen Mitverursacher Habeck noch in dessen Ministerzeit auf die Füße fällt.

Mit der Amtszeit von Omid Nouripour und Ricarda Lang endet das postmaterielle grüne Zeitalter in Deutschland. Noch mehr als um das Klima sorgen sich die lange wohlstandsverwöhnten Bürger jetzt um ihre Jobs und ihr Einkommen. Einen „Neustart“ beschworen Lang und Nouripour, während sie mit traurigen Mienen ihren Abschied verkündeten. Doch ist zu befürchten, dass von der Neuaufstellung der Grünen nicht das Signal ausgeht, dass die Ökopartei die Herausforderungen durch den Klimawandel künftig mit mehr Pragmatismus meistern will. Vielmehr spricht viel dafür, dass die verunsicherten Grünen es künftig noch mehr ihrer in Teilen radikalen Basis recht machen wollen, um nicht auch noch deren Unterstützung zu verlieren. Käme es so, wären nach der FDP auch die Grünen auf dem Weg zur Splitterpartei. Ob der als „Kanzlerkandidat“ gesetzte Realo Habeck das verhindern kann, muss sich erst noch zeigen.
GEORG.ANASTASIADIS@OVB.NET

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