Merkel lässt sich feiern – auch von Friedrich Merz

von Redaktion

CDU-Chef würdigt die einstige Rivalin zu deren 70. Geburtstag – Seehofer rät zur Selbstkritik

Ein Handschlag unter einstigen Rivalen: Friedrich Merz gratuliert Angela Merkel zum Geburtstag. © Kay Nietfeld/dpa

Berlin – Im Kreise ehemaliger politischer Weggefährten hat Altkanzlerin Angela Merkel ihren 70. Geburtstag nachgefeiert. Der Festakt in Berlin wirkte streckenweise wie eine Art Versöhnungstreffen. Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz nahm Merkel gemeinsam mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) vor dem Festsaal in Empfang.

Merz würdigte in seiner Rede Merkels politisches Wirken, betonte ihren Drang nach Freiheit und ihre wissenschaftliche Neugier. Vor allem in der Euro-Krise und während der Corona-Pandemie habe sie entscheidend zum Zusammenhalt Europas beigetragen. Er dankte ihr für ihr „politisches Lebenswerk“ und hoffe, „dass Du der CDU gewogen bleibst“.

Auch Merkel, die einst Merz‘ politische Karriere ausgebremst hatte, fand nette Worte für den frisch gekürten Kanzlerkandidaten der Union: „Ich wünsche Dir für die nächsten Monate alles Gute und viel Erfolg“, sagt sie auf der Bühne.

Merkel, die von ihrem Ehemann Joachim Sauer begleitet wurde, hatte sich für den Abend einen Festvortrag des Kunsthistorikers Horst Bredekamp gewünscht. Der schlug einen weiten Bogen von der Dialektik der Aufklärung bis hin zur Frage, was sich durch die Erfindung des Internets geändert habe. Er betonte, dass Merkel die Gefahr eines Zerfalls von Europa als Kanzlerin stets vor Augen gehabt habe.

Unter den Festgästen waren neben aktuellen Abgeordneten der Unionsfraktion auch frühere CDU-Politiker wie Peter Altmaier, der unter Merkel mehrere Ministerposten innehatte, und die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth.

Nicht dabei war ein weiterer Weggefährte Merkels, der frühere CSU-Chef Horst Seehofer. Er sei nicht eingeladen worden, sagte der 75-Jährige der „SZ“. Aus der Ferne riet er Merkel zur Selbstkritik beim Thema Migration. „Ich finde, Angela Merkel würde sich keinen Zacken aus der Krone brechen, wenn sie mal erklärt: In der Migrationsfrage habe ich nicht jeden Tag richtig gelegen“, sagte er. Die Migrationspolitik der Jahre 2015/16 hatte zu einem tiefen Zerwürfnis zwischen Merkel und dem damaligen CSU-Chef und bayerischen Ministerpräsidenten geführt.

Merkel war am 17. Juli 70 Jahre alt geworden. Sie war zur Bundestagswahl 2021 nach 16 Jahren als Kanzlerin nicht mehr angetreten.

An ihrem Geburtstag hatte Merz der Altkanzlerin bereits via X „herzliche Glückwünsche“ gesendet. „Rund drei Jahrzehnte lang hast Du die Politik unseres Landes geprägt und Verantwortung übernommen: In der CDU, im Parlament und in der Regierung“, schrieb er. Merkel hatte Merz 2002 vom Vorsitz der Unionsfraktion im Bundestag verdrängt. Ihr Verhältnis gilt als belastet.
ANNE-BÉATRICE CLASMANN

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