Verkehrte Welt: Berlin als Vorbild

von Redaktion

Asyl-Debatte in Frankreich

Wenige Tage nach der Regierungsbildung wühlt die Vergewaltigung und Ermordung einer Studentin Frankreich auf: Der mutmaßliche Täter ist ein gebürtiger Marokkaner, der bereits wegen eines Sexualdelikts in Haft gesessen hatte. Seine Abschiebung scheiterte an Formalien. So blieb er im Land – und schlug wieder zu.

Für die neue Regierung, die eine verschärfte Abschiebepolitik angekündigt hat, könnte der Fall zum Wendepunkt werden. Ungewöhnlich war, wie offen Paris Sympathie für die Berlin Entscheidung bekundete, wieder Grenzkontrollen einzuführen. Den östlichen Nachbarn nimmt man sich in Frankreich nur ungern als Vorbild. Zunächst wandten Kritiker zudem ein, das Land habe doch zumindest im zweiten Wahlgang eher links gewählt, bekäme nun aber eine von ganz Rechts tolerierte Regierung. Der spektakuläre Fall allerdings dürfte den Kurs des neuen Kabinetts noch verschärfen. Der einst mit großer Geste gestartete Präsident Emmanuel Macron wirkt nur noch wie ein getriebener.

Doch Emotion ist kein guter Ratgeber, zumal die Erkenntnis keineswegs neu ist. Europa muss die Migration – ganz nüchtern – in geordnete Bahnen lenken. Der politische Schaden ist schon jetzt nicht zu übersehen. Er begann vor zwei Jahren mit dem Wahlsieg Giorgia Melonis in Italien, es folgten Schweden, die Niederlande und die EU-Wahl. In Österreich führt vor der Wahl am Sonntag die Ibiza-Partei FPÖ, die von einer „Festung Österreich“ träumt. Wer den Aufstieg der Extremen in Europa stoppen will, muss geltendes Recht umsetzen. Rasch.
MIKE.SCHIER@OVB.NET

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