Na Prost: Die Bierpartei will ernst machen

von Redaktion

Begann als Spaß, wurde Ernst: Dominik Wlazny und seine Bierpartei. © Haas/agency people

Wien – „Wär ich ein Politiker, würd sich hier vieles ändern.“ So beginnt ein Song der österreichischen Punkrock-Band „Turbobier“. Weiter heißt es im Wiener Schmäh: „Wenn du gerne fett bist, und jeden Tag o‘gsoffen. Dann wähl jetzt uns, die Bierpartei, wir wern die Alksteuer abschoffen.“ Im Video zum Song präsentiert Frontsänger Marco Pogo das Programm der Bierpartei: „Rauschpflicht ab dem 16. Lebensjahr“, „Mut zur Dichtheit“ und „Bier für das Volk“.

Der Song stammt aus dem Jahr 2015. Neun Jahre später ist aus Spaß Ernst geworden. Die Bierpartei hat ihre Bekanntheit in Österreich gesteigert – und nun echte Chancen, bei der Österreich-Wahl am Sonntag zu überraschen. In Umfragen zur Nationalratswahl steht „BIER“ bei drei, manchmal vier Prozent.

Turbobier-Frontmann Marco Pogo ist das Gesicht der Bierpartei. Eigentlich heißt er Dominik Wlazny und ist studierter Mediziner. Die Bierpartei startete als Spaßprojekt. Ende der 2010er-Jahre trieb er seine Partei dann immer weiter nach vorne. Allmählich endete der Spaß. 2020 trat die Partei bei der Bezirksratswahl in Wien an. Überraschend holten Wlazny und seine Mitstreiter elf Mandate. „Ab dem Moment war uns klar, dass wir unsere Möglichkeiten für echte Veränderung einsetzen wollen“, sagt Wlazny unserer Zeitung. Das größte Versprechen damals: ein Bierbrunnen in Wien.

So ganz funktioniert hat das nicht mit dem Bierbrunnen; bürokratische Hürden der Stadt Wien. Die Partei musste improvisieren – und präsentierte immerhin einen mobilen Bierbrunnen, der auf Veranstaltungen der Partei dabei sein soll. Ganz so sehr in den Fokus stellen will man den Alkoholkonsum mittlerweile eh nicht mehr. 2022 trat Wlazny zur Wahl als Bundespräsident an. Er erreichte 8,3 Prozent und damit den dritten Platz. Die „Bierpartei“ präsentierte zusehends ernste politische Absichten. Um die Ambitionen zu unterstreichen, passte Wlazny sein Auftreten an – inklusive neuem Parteinamen. BIER steht jetzt für „Bin In Einer Reformbewegung“.

Vieles ist Personen-zentriert auf die Führungsfigur, erinnert an die deutsche Wagenknecht-Partei. Dazu präsentiert „BIER“ ein 28-seitiges Wahlprogramm. Es liest sich insgesamt eher links. Die Partei fordert eine „Entpolitisierung der Politik“ samt „Eignungstest für Ministerposten“, „Entpolitisierung des ORF“, ein überparteiliches „Zukunftsministerium“ und kostenlose Kita-Plätze. Zum auch in Österreich dominierenden Thema Migration heißt es, es handle sich um „eine große Herausforderung, aber auch eine große Chance“. Wlazny fordert verpflichtende Deutschkurse, eine ausgewogenere Verteilung von Migranten und eine schnellere Aufnahme in den Arbeitsmarkt. Zieht die Bierpartei in den Nationalrat ein, ist sie bereit für Koalitionsverhandlungen. Einen Partner schließt Wlazny aber explizit aus: die FPÖ.
ANDREAS SCHMID

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