Historischer Wahlsieg für FPÖ

von Redaktion

Die Rechtspopulisten in Österreich feiern den besten Tag ihrer Parteigeschichte. Die Partei profitiert von der Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Doch es ist fraglich, ob die FPÖ regieren darf.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) vorm Wahllokal. © dpa

Herbert Kickl beim Wahlkampf-Schlussspurt in Wien: Seine FPÖ erreicht das beste Ergebnis ihrer Parteigeschichte. © FILIP SINGER/epa

Wien – „Was ich vor der Wahl gesagt habe, das sage ich auch nach der Wahl.“ Österreichs Kanzler Karl Nehammer hält nach der Parlamentswahl an seiner Absage an eine Zusammenarbeit mit FPÖ-Chef Herbert Kickl fest. Der große Wahlsieger Kickl seinerseits hofft: „Ich glaube, da wird noch Bewegung in die Sache hineinkommen.“

Die Wahl hat die politischen Kräfteverhältnisse kräftig durchmischt. Die rechte FPÖ feiert einen historischen Sieg. Die Partei rangierte in Hochrechnungen deutlich vor der machtverwöhnten ÖVP und vor der erneut enttäuschenden sozialdemokratischen SPÖ. Die Sozialdemokraten liegen erstmals nur auf Platz drei.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen wird sich persönlich engagieren, um die mögliche Zusammenarbeit von Parteien zu sondieren. Er werde demnächst mit jeder im Parlament vertretenen Partei Gespräche führen, kündigte das Staatsoberhaupt an. „Dabei werde ich versuchen, auszuloten, welche tragfähigen Kompromisse es geben könnte. Wer mit wem kann und wer was will für Österreich.“ An politischen Grundpfeilern wie dem Minderheitenschutz, Medienfreiheit und auch der EU-Mitgliedschaft sei jedenfalls nicht zu rütteln.

Das Wahlergebnis ist für Österreich gleich in mehrfacher Hinsicht eine Zäsur. Noch nie waren ÖVP und SPÖ zeitgleich so schwach. Die ÖVP mit Kanzler Karl Nehammer an der Spitze verbuchte eines ihrer schlechtesten Wahlresultate. Nach Erkenntnissen der Wahlforscher profitierte die FPÖ enorm von der großen Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Österreich steckt tief in einer Wirtschaftsflaute, die Arbeitslosigkeit wächst. Zudem gehörte die Alpenrepublik in den vergangenen Jahren zu den Ländern in der EU mit besonders hoher Inflation. Außerdem gilt der strikte Anti-Migrationskurs der FPÖ als populär.

Auch die Grünen haben ordentlich an Zustimmung verloren. Bei den liberalen Neos gab’s immerhin ein kleines Plus. Die Neos hoffen auf eine Dreier-Koalition mit ÖVP und SPÖ. „Wir sind bereit. Ohne uns wird sich nichts ändern“, sagte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Die Bierpartei und die kommunistische KPÖ scheiterten klar an der Vier-Prozent-Hürde. Zuletzt wurde das Land von einer Koalition aus ÖVP und Grünen regiert.

In ihrem Wahlprogramm hatte die FPÖ unter dem Motto „Festung Österreich – Festung Freiheit“ für eine restriktive Migrationspolitik geworben. Die Partei fordert eine Rückführung von Migranten in ihre Heimatländer und wünscht sich „Homogenität“ in der Gesellschaft. Außenpolitisch sieht die FPÖ die EU äußerst kritisch. Gegenüber Russland fährt sie einen eher wohlwollenden Kurs und sieht kein Problem in der Abhängigkeit Österreichs von russischem Gas.

Trotz des Siegs dürfte es für Kickl sehr schwer werden, nächster Kanzler zu werden. Alle Parteien lehnen bisher eine Zusammenarbeit mit dem 55-Jährigen ab. Bundespräsident Van der Bellen muss den Auftrag zur Regierungsbildung nicht zwingend der stimmenstärksten Partei übertragen. Es gilt als wahrscheinlich, dass Kanzler Nehammer den Auftrag bekommt, eine Regierungskoalition zu schmieden. Die Alternative zur FPÖ ist die SPÖ. Allerdings gilt ein Bündnis als schwierig, weil SPÖ-Chef Andreas Babler die Sozialdemokraten mit Forderungen wie der nach einer 32-Stunden-Woche weit nach links gerückt hat. Ob sich Babler angesichts des Ergebnisses im Amt halten kann, ist eine der sich nun aufdrängenden Fragen.

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