Thüringer Chaos vorerst vertagt

von Redaktion

CDU setzt sich gegen AfD durch – Vizeposten auch für Wagenknecht-Partei

Erfurt – „Debakel“, „Machtergreifung“, „Putschversuch“ – nach einer chaotischen Landtagssitzung und einem Machtwort der Verfassungsrichter ging es nun ganz schnell: Der zweite Anlauf des Thüringer Parlaments nach der Krisensitzung vom Donnerstag endete mit einem fast kompletten Landtagspräsidium und einem neuen Präsidenten, der Überparteilichkeit versprach. Der CDU-Politiker Thadäus König steht nun an der Spitze des Verfassungsorgans, nachdem die AfD in einem turbulenten ersten Sitzungsteil vor zwei Tagen versucht hatte, ihren Anspruch als stärkste Fraktion auf das Amt durchzudrücken. Der Verfassungsgerichtshof in Weimar zeigte ihr und ihrem Alterspräsidenten Jürgen Treutler ein Stopp-Schild.

„Sie können sicher sein, dass ich im Einklang mit der Verfassung und der Geschäftsordnung die Würde und die Rechte des Landtags wahren, seine Arbeit fördern, Verhandlungen gerecht und unparteiisch leiten und die Ordnung im Hause wahren werde“, sagte König in seiner ersten Rede als Landtagspräsident. Der Satz wirkte dabei wie eine Kontrastfolie zum Agieren des Alterspräsidenten, der die erste Sitzung bis zur Wahl Königs leitete.

Der 73 Jahre alte Treutler hatte im ersten Teil der Sitzung Abgeordneten das Wort entzogen, Abstimmungen nicht zugelassen und eine von vielen Abgeordneten als parteiisch kritisierte Rede gehalten. Der Fall landete auf CDU-Antrag vor dem Verfassungsgerichtshof des Freistaates, der Treutler klare Grenzen setzte.

Treutler kündigte am Anfang der Sitzung am Samstag an, sich an den Beschluss aus Weimar zu halten. Thüringens AfD-Chef Stefan Möller bezeichnete die Entscheidung der Verfassungsrichter dennoch als enttäuschend. „Ich gebe zu, ich habe auch mittlerweile erhebliche Zweifel an der politischen Neutralität und Unbefangenheit von einigen Richtern“, sagte Möller, der selbst Jurist ist. Die Justiz in Deutschland ist unabhängig. AfD-Partei- und Fraktionschef Björn Höcke sagte, der AfD als Gewinner der Landtagswahl in Thüringen sei durch einen „Taschenspielertrick“ das Landtagspräsidentenamt genommen worden.

Zu Vizepräsidenten wurden für die Wagenknecht-Partei BSW der frühere MDR-Moderator Steffen Quasebarth, für die Linke die Psychologin Lena Saniye Güngör und für die SPD die Ärztin Cornelia Urban gewählt.
S. HANTZSCHMANN

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