Wieder hat Bundesaußenministerin Annalena Baerbock den falschen Ton getroffen. Ihr oberlehrerinnenhafter Vorwurf an die Regierung in Jerusalem, die Tötung von Hisbollah-Chef Nasrallah sei „in keinster Weise im Interesse der Sicherheit“ Israels, ist in der Sache falsch und diplomatisch tölpelhaft. Es bleibt ihr Geheimnis, warum die Ausschaltung eines von Iran gesteuerten Terroristenführers, der tausende Unschuldige auf dem Gewissen hat und dem Judenstaat immerzu mit Auslöschung drohte, Israels Sicherheit schmälern soll. Die scharfe Replik aus Jerusalem zeigt, wie wenig Gewicht Deutschlands Wort in der Region nur noch hat. 80 Jahre nach dem Holocaust fühlen sich viele Israelis im Kampf um ihre staatliche Existenz von Deutschland nicht mehr verstanden, geschweige denn unterstützt. Was ist noch übrig von Merkels Versprechen, Israels Sicherheit sei deutsche Staatsräson?
Ganz anders als die deutsche Chefdiplomatin hat US-Präsident Biden der moralische Kompass nicht verlassen, als er die Tötung des Islamistenführers „eine Maßnahme der Gerechtigkeit“ nannte. Berlin sandte zuletzt ganz andere Signale. Baerbocks Treffen mit Israelhassern, vom Auswärtigen Amt als Gelegenheit zum Meinungsaustausch verklärt, sollte erkennbar ein grünes Wahlkampfsignal an die linken und muslimisch-migrantischen Israelkritiker hierzulande senden. Mit jeder weiteren Stellungnahme Baerbocks zum Nahost-Konflikt hatte sich zudem der Eindruck verstärkt, dass sie reflexhaft jede Chance nutzt, mit dem ihr zutiefst unsympathischen Rambo Netanjahu abzurechnen. Dass dessen Schläge gegen die Hisbollah aber in Israel auf fast ungeteilte Zustimmung stießen, auch bei Netanjahu-kritischen Israelis, übersah die Ministerin in ihrem Eifer ebenso wie die Freudenkundgebungen, mit denen viele Menschen im Libanon und sogar im Iran den Tod Nasrallahs feierten.
Vom fernen und sicheren Deutschland aus jede Aktion zu bemäkeln, mit der Israel die Handlungsspielräume seiner Todfeinde eingrenzt, ist keine Diplomatie. Ebenso wenig sind moralisch klingende Floskeln mit deutschem Akzent die Sprache, die man in Nahost versteht. Dort zählt allein Stärke. Baerbock verdreht Ursache und Wirkung, wenn sie behauptet, dass Israel den Libanon destabilisiere. Das hat die Hisbollah selbst getan, als sie den einst blühenden Staat unter den Augen der zahnlosen UN in eine iranische Raketenbasis verwandelte, zum Unwillen und Unglück der meisten Libanesen. Als er seinen Milizen nach dem brutalen Hamas-Terror des 7. Oktober auch noch den Befehl zum Angriff gab, hat Nasrallah zu hoch gepokert. Die Ankündigung des Iran, keine Truppen zur Unterstützung zu schicken, zeigt, wie sehr sich die Terrormiliz verrechnet hat. Und wie falsch Baerbock liegt.
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