Führungswechsel bei der Nato

von Redaktion

Der frühere niederländische Regierungschef Mark Rutte folgt auf Jens Stoltenberg

Amtsübergabe: Mark Rutte (re.) beerbt heute Jens Stoltenberg als Nato-Generalsekretär. © Dejong/dpa

Brüssel – Zehn Jahre lang stand Jens Stoltenberg (65) an der Spitze des mächtigsten Verteidigungsbündnisses der Welt. Heute übergibt der Norweger das Amt des Nato-Generalsekretärs an den früheren niederländischen Regierungschef Mark Rutte (57). Wird sich die Allianz unter der neuen Führung ändern?

Im Gegensatz zu Bundeskanzler Olaf Scholz oder Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán gehörte Stoltenberg zu denjenigen Politikern, die beharrlich für eine größtmögliche Unterstützung der Ukraine mit westlichen Waffensystemen warben. Im Zweifelsfall sei es besser, der Ukraine zu helfen, als Bündnisziele für das Vorhalten von Waffen und Munition zu erfüllen. Die Ukraine kann darauf hoffen, dass Rutte diesen Kurs fortsetzt. Der Niederländer ist geprägt von der MH-17-Katastrophe im Sommer 2014. Damals brachte eine russische Rakete über der Ostukraine ein Passagierflugzeug zum Absturz. Unter den 298 Opfern waren knapp 200 Niederländer. Rutte hat mehrfach klargemacht, dass die Ukraine westliche Waffensysteme ohne Einschränkungen gegen Russland nutzen können sollte.

Eine besonders große Herausforderung dürfte der neue Job für Rutte werden, wenn es nach der US-Präsidentschaftswahl im November zu einer Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus kommen sollte. Stoltenberg erwarb sich in der ersten Amtszeit Donald Trumps große Anerkennung, weil er es immer wieder schaffte, zu vermitteln und besänftigen. Würde Rutte das auch gelingen? Die Voraussetzungen könnten schlechter sein. Während eines Treffens mit Rutte im Jahr 2019 sagte Trump, er und Rutte seien Freunde geworden.

Ob Trump gewählt wird oder nicht – ein Top-Thema für Rutte wird das Werben um höhere Verteidigungsausgaben von europäischen Alliierten sein. Rutte gilt bei diesem Thema jedoch als wenig glaubwürdig. Unter ihm als Ministerpräsident wurden in den Niederlanden noch 2018 lediglich 1,2 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung ausgegeben. Erst in diesem Jahr könnte das sogenannte Zwei-Prozent-Ziel der Nato knapp erreicht werden. In der Amtszeit Stoltenbergs stiegen die Verteidigungsausgaben der Nato-Staaten deutlich. Wirkliche große Investitionsschübe gab es allerdings erst nach dem russischen Überfall.

Stoltenberg wird nach seinem Abschied in einer neuen Rolle weiterhin globalen Einfluss auf Sicherheitsfragen nehmen: Im kommenden Jahr beerbt er Christoph Heusgen als Chef der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC). Die Konferenz hat sich seit ihrer Gründung 1963 zu einem der bedeutendsten internationalen Foren zur Sicherheitspolitik entwickelt.
A. HAASE/S. VENOHR

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