Hinter Merz fliegen die Pfeile

von Redaktion

Friedrich Merz ist als Kanzlerkandidat der Union gesetzt, Markus Söder hat ihm glaubhaft Unterstützung versprochen. Dennoch gibt es weiter Sticheleien zwischen CDU und CSU. Geht es um alte Rechnungen, neue Strategien oder gar heimliche Hoffnungen?

Kandidat und Königsmacher: Hendrik Wüst (li.) und Markus Söder (re.) haben Friedrich Merz beide ihre Unterstützung ausgesprochen. © Michael Kappeler/dpa

München – Es gibt diese Szene aus der „heute-Show“. „Viele Leute sagen ja, die beste Eigenschaft von Friedrich Merz ist, dass er Markus Söder als Kanzler verhindert hat“, spricht der Spaßmacher vom ZDF da in die Kamera. „Fragen wir mal einen Experten.“ Dann folgt der Schwenk auf seinen Interview-Partner Armin Laschet. Der CDU-Mann lacht – wieder mal – vielsagend offenherzig.

Klar, alles nur Gaudi. Und doch darf man annehmen, dass nicht nur bei Laschet selbst durchaus noch etwas hängen geblieben ist von den Geschehnissen im Jahr 2021. Der Rheinländer war damals als CDU-Chef der natürliche Anwärter auf die Kanzlerkandidatur der Union. Doch CSU-Chef Markus Söder ließ keinen Zweifel daran, dass er sich selbst für den geeigneteren Mann dafür hält – und zog auch Teile der CDU auf seine Seite. Am Ende drückte CDU-Schwergewicht Wolfgang Schäuble Laschet doch als Kandidaten durch, die Union verlor gegen Olaf Scholz und neben Laschets Aussetzern wurde dafür auch Dauerstichler Söder aus dem Süden verantwortlich gemacht.

Diesmal soll es anders laufen. Die CDU steht geschlossen hinter ihrem Kandidaten Friedrich Merz, auch Söder hat seine eigenen Ambitionen bereits zurückgestellt („bin fein damit“). Und doch ist um den bislang unumstrittenen Kanzlerkandidaten herum eine aggressive Spannung wahrzunehmen. Zwischen der CSU im Süden und der CDU im Westen und Norden fliegen immer wieder kleine Giftpfeile. Nicht tödlich, aber schmerzhaft.

Neben möglicher offener Rechnungen dürfte es dabei vor allem um Machtfragen gehen. Denn Söder, der sich als Chef der CSU als klare Nummer zwei in der Union hinter Kanzlerkandidat und CDU-Chef Merz begreift, sieht sich herausgefordert von Hendrik Wüst. Laschets Nachfolger als NRW-Ministerpräsident lässt nämlich zuletzt wenig Zweifel daran, dass er sich selbst als zweiten Mann in der CDU sieht – und sich wohl als Kronprinz (und somit auch möglicher Reserve-Kanzlerkandidat) hinter dem 68-jährigen Merz in Stellung bringen will. Wer bisher noch Zweifel an Wüsts Ambitionen hatte, dürfte das spätestens verstanden haben, als der 49-Jährige zuletzt großmütig verkündete, den Weg für Merz als Kandidaten frei zu machen – und das kurz bevor Söder selbiges für sich erklären wollte (was Wüst bekannt gewesen sein dürfte). In den Augen der CSU ein Foulspiel und obendrein eine Kompetenzüberschreitung. Immer wieder betont Söder seither, dass solch bedeutende Fragen allein unter den Parteichefs – also Merz und ihm – ausgemacht würden, nicht etwa von irgendwelchen Ministerpräsidenten.

Hinter dem persönlichen steht zudem ein schwerer strategischer Konflikt. Wüst steht in der Union exemplarisch für stabile schwarz-grüne Bündnisse auf Landesebene, wie er seit zweieinhalb Jahren eines in NRW anführt. Söder hingegen hat sich selbst zu einer Art Anti-Grünem entwickelt. Er sprach ihnen im Wahlkampf das „Bayern-Gen“ ab und lässt auch derzeit kaum eine Gelegenheit aus, klarzumachen, dass es eine schwarz-grüne Zukunft im Bund mit seiner Partei nicht geben wird. „Die Grünen sind ideologisch, sehen sich eher als Aktivisten oder eine NGO und sind nicht regierungsfähig“, stellte er vor wenigen Tagen noch einmal in einem Interview mit der „FAZ“ klar, in dem er Wüst zudem „leidenschaftliche Hingabe an die Grünen“ attestierte und nicht zu erwähnen vergaß, dass in Nordrhein-Westfalen „die Sicherheitslage deutlich schlechter als zum Beispiel in Bayern“ sei.

Aus dem hohen Norden meldete sich kurz darauf Daniel Günther, den manche in der CSU – eher etwas weniger liebevoll – auch „Genosse Günther“ nennen. Der CDU-Ministerpräsident von Schleswig-Holstein riet Söder, doch nicht so „hasenfüßig“ auf die Grünen zu blicken, mit denen er selbst schon seit 2017 regiert. In München wusste man das sicher zu schätzen.

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