Unruhestifter der EU: Ungarns Premier Viktor Orbán sorgt mit einem neuen Gesetz für Ärger in Brüssel. © IMAGO
Brüssel – Immer wieder wird der Budapester Regierung vorgeworfen, den Rechtsstaat auszuhöhlen. Die EU-Kommission kündigt nun eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof an: Grund sei ein Gesetz gegen ausländische Einflussnahme. Sie wirft der Regierung des Rechtsnationalisten Viktor Orbán vor, mit einer neuen Behörde die Meinungsfreiheit und andere Grundrechte einzuschränken.
Das ungarische Parlament hatte das sogenannte Souveränitätsgesetz Ende des vergangenen Jahres verabschiedet. Mit dem Gesetz wurde ein neues „Amt für Souveränitätsschutz“ eingerichtet, das eventuelle Bedrohungen Ungarns aus dem Ausland überwachen soll. Das bereits geltende Verbot der Parteienfinanzierung aus dem Ausland wurde damit auf Vereine und andere Organisationen ausgeweitet. Verantwortlichen dieser Organisationen, die versuchen, Finanzquellen aus dem Ausland zu verschleiern, drohen zudem drei Jahre Freiheitsentzug.
Amnesty International und andere Organisationen werfen der ungarischen Regierung vor, „kritische Stimmen zum Schweigen bringen“ zu wollen. Nach ihren Angaben sind Journalisten, Unternehmen, Gewerkschaften, Kirchen und Kommunen gleichermaßen im Visier.
„Das Gesetz verleiht dem Amt einen sehr weiten Ermessensspielraum für die Ermittlungen – insbesondere, was den Zugang zu Informationen betrifft –, und gestattet es dem Amt, in die Ermittlungstätigkeit anderer Behörden einzugreifen“, teilte die EU-Kommission mit. Die Befugnisse und der große Ermessensspielraum werde Folgen etwa für Nichtregierungsorganisationen, Medien und Journalisten haben und wohl nicht verhältnismäßig sein.
Der Grünen-Abgeordnete Daniel Freund sagte, das Gesetz „stammt aus dem Lehrbuch Wladimir Putins und kommt ganz konkret gegen die Zivilgesellschaft in Ungarn zum Einsatz“. Inzwischen liefen allerdings bereits 71 Verfahren wegen EU-Vertragsverletzungen gegen Budapest, ohne dass sich an der Politik Orbáns etwas geändert habe.
Bereits im Februar hatte die Brüsseler Behörde wegen des neuen Gesetzes ein sogenanntes Vertragsverletzungsverfahren gegen Budapest eingeleitet. Ungarn hielt jedoch an dem Gesetz fest.
Die Klage-Ankündigung kommt knapp eine Woche vor einem geplanten Auftritt Orbáns im Europaparlament. Er will den Abgeordneten kommende Woche Mittwoch Rede und Antwort über die Ratspräsidentschaft seines Landes in diesem Halbjahr stehen. Parlamentarier erwarten einen harten Schlagabtausch.