Weg zurück nach Syrien: Syrer durchqueren einen Krater, den ein israelischer Luftangriff am libanesisch-syrischen Grenzübergang Masnaa gerissen hat. © Samer Husseini/dpa
Beirut/Jerusalem/Teheran – Mit neuen Luftangriffen auf den Süden Beiruts hat Israel die pro-iranische Hisbollah-Miliz im Libanon am Freitag weiter unter Druck gesetzt. Wie die US-Nachrichtenseite Axios und das israelische Portal Ynet unter Berufung auf israelische Regierungsvertreter berichteten, richteten sich die Angriffe unter anderem gegen den voraussichtlichen Nachfolger des getöteten Hisbollah-Chefs Hassan Nasrallah, Haschem Safieddine. Die israelische Armee bestätigte die Berichte nicht.
Unklar war auch, wie viele Menschen bei den Angriffen ums Leben kamen. Das libanesische Gesundheitsministerium teilte am Freitag mit, innerhalb von 24 Stunden seien 37 Menschen bei israelischen Angriffen getötet worden. Insgesamt gab es im Libanon nach offiziellen Angaben schon mehr als tausend Tote. Hunderttausende Menschen wurden innerhalb des Landes vertrieben, mehr als 300 000 Menschen flohen nach Syrien. Israels Armee will seit Beginn der Bodenoffensive zudem 250 Hisbollah-Kämpfer getötet haben.
Am Freitag wurde nach libanesischen Angaben auch die Straße zum Grenzübergang Masnaa, über den zuletzt tausende Menschen nach Syrien geflohen waren, durch einen israelischen Luftangriff zerstört. Israels Armee erklärte, sie habe einen Tunnel in der Nähe des Grenzübergangs bombardiert, um Waffenlieferungen an die Hisbollah zu unterbinden.
Trotz der Angriffe reiste Irans Außenminister Abbas Araghtschi zu Gesprächen nach Beirut. Ein Sprecher sagte, es handele sich um einen Solidaritätsbesuch. Beobachter vermuten aber, dass es bei den Gesprächen vor allem um die Nachfolge Nasrallahs ging. Der bei einem israelischen Luftangriff getötete Hisbollah-Chef wurde offenbar bereits vorläufig beigesetzt. Sein Leichnam solle so lange in dem vorläufigen Grab bleiben, bis eine öffentliche Trauerfeier möglich sei, hieß es in Hisbollah-Kreisen.
Israel geht seit Tagen mit massiven Luftangriffen gegen die vom Iran unterstützte Miliz im Libanon vor. Seit Dienstag läuft auch ein Bodeneinsatz. Als Reaktion griff der Iran Israel direkt mit Raketen an. Ayatollah Chamenei rechtfertigte das am Freitag als „legal und legitim“. Der Angriff sei die „Mindeststrafe“ für Israel gewesen, sagte Chamenei in Teheran. Die Hisbollah habe mit ihrer Unterstützung der Hamas bei der Verteidigung des Gazastreifens und mit dem Angriff auf Israel „der gesamten Region und der gesamten islamischen Welt einen lebenswichtigen Dienst erwiesen“.
Israel hat seinerseits Vergeltung für den iranischen Angriff angekündigt. Laut US-Präsident Joe Biden werden Angriffe auf die Ölinfrastruktur im Iran erwogen. Er rate aber davon ab, sagte er am Freitag. Der Präsident hatte zuvor klargestellt, dass die USA einen israelischen Angriff auf Atomanlagen im Iran nicht unterstützen würden. „Ich glaube nicht, dass es einen umfassenden Krieg geben wird. Ich denke, wir können ihn vermeiden“, versicherte Biden. Dennoch ist die Vorsicht groß. Die Bundeswehr flog 219 deutsche Staatsbürger aus Beirut aus.