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Im Illusionstheater fällt der Vorhang

von Redaktion

Habeck: Rezession hält 2024 an

Die Freigabe von Cannabis hat anscheinend doch geholfen: Die Ampelregierung blicke jetzt optimistischer auf das Wachstum im nächsten und übernächsten Jahr, lesen wir. Ein Prozent plus sei locker drin, heißt es aus dem Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck. Die Gegenwart ist allerdings weniger rosig. Entgegen den ursprünglichen Regierungsprognosen verharre Deutschland 2024 das zweite Jahr hintereinander in der Rezession, räumt das Ministerium des grünen Kanzlerkandidaten nun kleinlaut ein. Trotz „Wumms“, „Doppel-Wumms“, „Job-Offensive“ und der vom Kanzler fast trotzig verbreiteten guten Laune. Mit Illusionstheater lässt sich der eine oder andere Wähler eine Weile beruhigen, aber eben kein Land aus der Krise führen.

Es ist zuletzt viel zusammengekommen an schlechten Nachrichten: Existenzgefahr bei den Industrie-Ikonen VW und Thyssenkrupp. Einstürzende Brücken. Flughäfen, die nicht mehr gut funktionieren. Bahnen, die nicht fahren. Das Erbe des Wirtschaftswunders ist verprasst. Das alles hat nicht die Ampel verschuldet. Aber sie hat drei Jahre lang auch wenig getan, um die Multikrise zu entschärfen. Vielmehr hat sie mit Bürgergeld, Atom-Aus, überambitionierter Klimapolitik und Lieferkettengesetz neue Lasten draufgesattelt.

Das Ergebnis ist eine ökonomische Dauerkrise, die immer mehr mündet in eine Krise der Demokratie und einem beunruhigenden Erstarken links- und rechtsradikaler Kräfte. Sie wollen raus aus EU und/oder Nato, haben keine Lust auf ausländische Arbeitskräfte, himmeln aber den Massenmörder Putin an, der Millionen Flüchtlinge aus Syrien und der Ukraine gegen Europa in Marsch gesetzt hat. Vor Wahlen wird stets getönt, warum gerade die kommende die wichtigste sei. Doch ist es nicht übertrieben zu sagen, dass die Bundesrepublik Deutschland seit der Adenauer-Wahl von 1949 nicht mehr vor so fundamentalen Herausforderungen stand. Damals ging es darum, ob ein Deutschland den Weg in die liberale Demokratie und die westliche Wertegemeinschaft findet; heute wollen sie manche daraus herauslösen.

SPD, Grüne und FDP haben sich in der Ampel aufgerieben. Doch auch CDU-Chef Friedrich Merz steht, wenn er die Wahl gewinnt, vor gewaltigen wirtschaftlichen Reformherausforderungen. In der Rente klaffen Milliardenlöcher, die Infrastruktur ist heruntergekommen, das Bürgergeld hat Arbeitsanreize zerstört, der Industriestandort ist zu bürokratisch und zu teuer. Da ist viel zu tun, um das von Sahra Wagenknecht attackierte Wohlstandversprechen der Marktwirtschaft zu erneuern. Für breite Steuersenkungen, mit denen mit uns konkurrierende Länder ihre Konjunktur angekurbelt haben, fehle das Geld, hat Merz gerade zu Protokoll gegeben. Doch wird es ganz ohne Entlastungen nicht gehen. Wenn die künftige Regierung den überbordenden Sozialstaat zurechtstutzt, wozu der Ampel leider die Kraft fehlte, darf und muss auch über eine Lockerung der Schuldenbremse diskutiert werden.
GEORG.ANASTASIADIS@OVB.NET

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