Man kann schon mal kurz den Überblick verlieren, bei all den Problemen, die das Thema Pflege umkreisen. Auf der einen Seite wird in den Heimen und bei den Diensten händeringend nach Personal gesucht, auf der anderen Seite wird schon jetzt das Geld knapp, überhaupt diejenigen zu bezahlen, die man hat. Bereits im Februar könnte die Pflegeversicherung einem Bericht zufolge theoretisch in die Zahlungsunfähigkeit rutschen. Auch wenn Karl Lauterbach eine Insolvenz ausschließt: Empörter Widerspruch klingt anders.
Dass die Pflegeversicherung nicht gerade auf Rosen gebettet ist, ist keine ganz neue Erkenntnis. Lauterbach führt die erneute Zuspitzung auf Entlastungen für Heimbewohner, Lohnerhöhungen für Pflegekräfte und einen überraschenden Anstieg an Pflegebedürftigen zurück. So ganz überraschend hätte der allerdings eigentlich nicht kommen dürfen, angesichts der demografischen Horrorszenarien, die seit Jahren durch die Öffentlichkeit geistern. Sei’s drum: Dass der Minister ein Konzept vorlegen will, um die Dinge in den Griff zu bekommen, ist eine gute Idee. Entscheidend wird allerdings sein, wie groß dabei die Rückendeckung seines Kanzlers ausfällt. Olaf Scholz gefällt sich zwar gut in der Rolle des Kämpfers für die Rente, für die Belange der Pflege hatte er in der Vergangenheit nicht ganz so viel übrig – weder als GroKo-Finanzminister, noch als Ampel-Chef. Dazu kommt die angespannte Finanzlage der Koalition. Selbst wenn zumindest die SPD Sondervermögen jeglicher Art bekanntlich offen gegenübersteht, wirkt ein Geldregen aus der Ampel wenig wahrscheinlich. Mögen sich die Kassen noch so sehr auf die Hinterbeine stellen.
Es riecht also stark nach Beitragserhöhungen – schon wieder. Erst im Sommer 2023 ist die Abgabe für die Pflegeversicherung auf vier Prozent für Kinderlose und 3,4 Prozent für Eltern gestiegen. Nun dürfte es wohl bald noch einmal um rund 0,3 Prozent nach oben gehen. Gleichzeitig wird auch bei der Krankenversicherung ein Plus von 0,7 Prozent erwartet und die Ampel leitet gerade saftige Rentenbeitragssteigerungen ab 2028 ein. Und dabei hat die Alterung der Gesellschaft noch nicht einmal richtig Fahrt aufgenommen. Keine guten Aussichten für die arbeitende Mitte.
SEBASTIAN.HORSCH@OVB.NET