Thunberg: Eine gefallene Heldin?

von Redaktion

Als Gesicht der Klimabewegung wurde Greta Thunberg weltbekannt. Sechs Jahre später tritt die Aktivistin nicht mehr nur fürs Klima ein. Mit ihrer Teilnahme an teils gewaltvollen Pro-Palästina-Demos und ihren Nahost-Aussagen demontiert sie nicht nur sich selbst.

Mit Palästinensertuch in Berlin: Die schwedische Klima-Aktivistin Greta Thunberg posiert auf einer Demo am Jahrestag des Hamas-Angriffs auf Israel. © Soeder/dpa

München – August 2018: Die Sommerferien in Schweden sind vorbei. Doch eine 15-Jährige entschließt sich, statt in die Schule lieber demonstrieren zu gehen. Nicht massiv, nicht laut. Sie sitzt nur mit einem Schild vor dem Schwedischen Reichstag. Schulstreik für das Klima. Drei Wochen am Stück. Danach jeden Freitag.

Damit bringt Greta Thunberg den Stein für die internationale Klimabewegung Fridays-for-Future ins Rollen. Weltweit gehen Schüler jeden Freitag auf die Straße und fordern von ihren Regierungen mehr Engagement für den Klimaschutz. München, Sydney, Buenos Aires. Und das Mädchen mit den zwei geflochtenen Zöpfen ist das Gesicht der Bewegung. Sie reist zum Weltwirtschaftsforum nach Davos, zum Klimagipfel nach New York, trifft UN-Generalsekretär António Guterres und Papst Franziskus. In einer Rede beim Klimagipfel 2019 schleudert sie den anwesenden Politikern unter Tränen „How dare you?!“ (Wie könnt ihr es wagen?!) ins Gesicht und meint damit die bisherigen Versäumnisse in der Klimapolitik. Ein Satz, der in die Geschichte eingehen wird, jubelten damals manche. All das mit nicht einmal 18 Jahren.

Diesen rasanten Aufstieg noch einmal darzustellen, ist wichtig, um den ebenso rasanten Fall der Klima-Ikone Greta Thunberg richtig fassen zu können. Mittlerweile ist Thunberg 21 Jahre, zur Schule geht sie nicht mehr, der Gazakrieg ist entflammt und ihr Protest hat sich damit verändert. Bei Klimaprotesten trägt sie jetzt ein Palästinensertuch, sie wirft Israel Völkermord vor und läuft bei Pro-Palästina-Demos mit. Zuletzt in Berlin, wo es zu Ausschreitung gegen Einsatzkräfte kam und israelfeindliche Parolen skandiert wurden – am Jahrestag des Hamas-Massakers.

Ein Protestcamp in Dortmund wurde am Dienstagabend verboten, ausgerechnet wegen eines geplanten Auftritts von Thunberg. Erst nannte die Polizei sie eine „gewaltbereite Teilnehmerin“, korrigierte sich dann aber und begründete die Absage damit, dass mit Thunberg wohl zu viele Menschen erschienen wären. So oder so: Thunberg ist nicht mehr der allseits willkommene Gast. Der deutsche Ableger von Fridays-for-Future hat sich schon länger von seiner schwedischen Vorreiterin distanziert, sich enttäuscht gezeigt. Und die Union fordert eine Einreisesperre. Wer einreise, um gegen Israel zu hetzen und die Polizei zu verunglimpfen, habe in Deutschland nichts zu suchen, sagt CDU-Innenexperte Alexander Throm gegenüber der „Bild“.

Auch für Felix Klein, Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung, ist klar, dass Thunbergs Äußerungen zum Nahost-Konflikt „israelfeindlich und durch die verklausulierte Aberkennung des Existenzrechts Israels auch antisemitisch“ seien.

Thunberg vermischt ihren Protest bewusst, nutzt die ihr gegebene Bühne. Bei einer Klimademo im Herbst 2023 rief sie: „Keine Klimagerechtigkeit auf besetztem Land!“ Danach lieferte sie sich eine Rangelei um das Mikrofon mit einem Demonstranten, der lieber nur übers Klima geredet hätte.

Nur auf den ersten Blick prallen da wirkliche Fronten gegeneinander. Bei vielen Klimaaktivisten „gibt es eine reflexartige Solidarität mit Palästina als Underdog und als Stellvertreter des Globalen Südens“, erklärt Nicholas Potter, der für die Amadeu-Antonio-Stiftung zu dem Thema forscht, gegenüber der „taz“. Hinzukomme, dass viele junge Aktivisten gerade zum ersten Mal mit dem Nahostkonflikt in Kontakt kommen – „da gibt es sehr viel Unsicherheit und auch Unwissen“. Antisemitismus – und zwar von links.

Der reinen Klimabewegung, um die es ohnehin still geworden ist, erweist Thunberg einen Bärendienst. Sie „demontiert sich selbst sowie ihre Reputation als Kämpferin gegen den Klimawandel“, sagt Klein. Bestseller-Autor Frank Schätzing, der ein Buch über Helden schreibt, nennt Greta Thunberg eine gefallene Heldin.

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