Große Einigkeit im ukrainischen Parlament: Präsident Wolodymyr Selenskyj (l.) lauscht gemeinsam mit den Abgeordneten der Nationalhymne. © Press Service Of The President/dpa
Kiew – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seinen aus fünf Punkten bestehenden „Siegesplan“ für die Beendigung des Krieges mit Russland präsentiert. Zentral ist dabei eine schnelle Einladung zum Beitritt in die Nato. „Im Verlauf von Jahrzehnten hat Russland die geopolitische Unbestimmtheit in Europa und eben die Tatsache ausgenutzt, dass die Ukraine kein Mitglied der Nato ist“, unterstrich er im Parlament vor den Abgeordneten und der Landesführung. Die fünf Punkte und ihre Chancen auf Verwirklichung:
1. Nato-Einladung
In der Nato gibt es keinen Konsens in dieser Frage. Zwar betont die Nato-Führung regelmäßig, dass Kiew dem Bündnis beitreten kann. Doch sprechen sich mehrere Bündnisstaaten öffentlich gegen eine solche Perspektive aus. Der neue Generalsekretär Mark Rutte äußerte sich dann auch zurückhaltend. Der Plan sei „ein starkes Signal“, er könne aber nicht „den ganzen Plan unterstützen“. Heute ist Selenskyj zu Gast beim Treffen der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel.
2. Mehr Verteidigung
Ein zweiter Punkt sieht eine Stärkung der Verteidigung vor. Zudem soll der Krieg soll auf das Gebiet Russlands ausgeweitet werden. „Das ist realistisch – unsere Positionen auf dem Schlachtfeld in der Ukraine halten und gleichzeitig den Krieg auf das Gebiet Russlands zurückbringen, damit die Russen wirklich spüren, was Krieg heißt“, sagte Selenskyj. Ziel sei es, den Hass der Russen in Richtung Kreml zu lenken. Dazu soll die Operation im russischen Grenzgebiet Kursk fortgesetzt werden.
3. Aufrüstung
Außerdem sollen in der Ukraine mit der Hilfe westlicher Partner ausreichend konventionelle Waffen produziert und stationiert werden, um Russland von weiteren Angriffen abzuhalten. „Wenn Russland weiß, dass es eine Antwort geben wird, und begreift, wie diese Antwort aussieht, wählen sie Verhandlungen und eine stabile Koexistenz sogar mit strategischen Gegnern“, erläuterte der Präsident das Vorhaben. Zwar fangen viele westliche Rüstungsfirmen an, in der Ukraine zu produzieren. Die notwendige Finanzierung erhofft sich Selenskyj aber von den westlichen Staaten. Nach mehr als zweieinhalb Jahren beispielloser Hilfe fahren Länder wie die USA und Deutschland allmählich ihre Unterstützung zurück.
4. Rohstoffe
Die Ukraine verfüge über wertvolle Rohstoffe „im Wert von Billionen US-Dollar“, sagte Selenskyj. Als Beispiele nannte er Uran, Titan, Lithium und Graphit. Die Frage sei, ob diese Ressourcen im globalen Wettbewerb an Russland und dessen Verbündete fielen oder bei der Ukraine und – wie er sagte – der demokratischen Welt verblieben. Mit diesem Vorschlag versucht Selenskyj, die westlichen Partner zu locken. Auch in Moskau wird oft damit argumentiert, dass Russland sich diese Rohstoffe sichern müsse.
5. Sicherheitsmacht
Selenskyj sagte, dass die Ukraine nach einem Ende des russischen Angriffskrieges ihre militärische Erfahrung für die Sicherheit Europas und der Nato nutzen werde. Ihre Soldaten könnten in Europa sogar US-Truppen ersetzen, sagte er. Dieser Vorschlag zielt offenbar auf die USA. Diese hoffen, ihr Engagement auf dem europäischen Kontinent zurückzufahren. Der ukrainische Vorschlag würde aber eine komplizierte Abstimmung zwischen Washington, den europäischen Hauptstädten und Kiew erfordern.
Bundeskanzler Olaf Scholz betonte seine Bereitschaft, mit Kremlchef Wladimir Putin über einen gerechten Frieden in der Ukraine zu sprechen. Es werde aber niemals Entscheidungen geben „über die Köpfe der Ukraine hinweg und niemals ohne Abstimmung mit unseren engsten Partnern“, sagte er im Bundestag.