Die ersten Minister für Wagenknecht

von Redaktion

Thüringen sondiert: Katja Wolf (BSW) mit CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt. © dpa

München/Dresden – In einer Woche schaut die Polit-Republik mal wieder neugierig auf Sachsen. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) lädt alle seine 15 Kollegen zur MPK nach Leipzig ein, Sachsen hat im Oktober turnusgemäß den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz übernommen. Kretschmer muss seinen unbezahlten Nebenjob als Chef-Gastgeber neben den regulären Regierungsgeschäften erledigen – und vor allem mitten drin in den Bündnisverhandlungen. Da ist er, wenig bemerkt von zumindest der westdeutschen Öffentlichkeit, schon recht weit gekommen. Nach Lage der Dinge werden CDU, SPD und BSW in Kürze zusammenfinden. Es wird die erste Regierungsbeteiligung des Wagenknecht-Bündnisses. Und nicht die einzige: Auch in Thüringen dürfte es bald die ersten BSW-Minister geben.

„Durch ein neues Miteinander werden wir unsere Arbeit pragmatisch angehen“, tönen Sachsens CDU, SPD und BSW in einem gemeinsamen Gesprächsprotokoll, das am Donnerstag veröffentlicht wurde. Man habe in „Kennenlerngesprächen“ nach der Wahl am 1. September festgestellt, dass eine konstruktive Zusammenarbeit möglich sei. Nun sollen Sondierungen folgen. Zumindest in diesem Papier ist keine Rede von der Ukraine-Politik, in der die Bundesländer zwar kaum einen Pieps mitzureden haben, mit der das BSW aber bei seinen Wählern den Eindruck erwecken will, dort Einfluss zu haben.

In Thüringen ist die Sondierung sogar einen Schritt weiter. Dort ist die Mehrheit zwar wackelig, CDU, SPD und BSW hätten nur 44 der 88 Sitze. Hier steuert das Trio, wegen der Parteifarben als „Brombeer-Koalition“ beschönigt, auf eine Koalition zu. Die Thüringer CDU unter Parteichef Mario Voigt, der wohl Ministerpräsident wird, ist optimistisch. „Politico“ berichtet, es gebe schon Eckpunkte für die Ressortverteilung. Die CDU soll neben Voigt einen Staatskanzleichef und einen Staatssekretär stellen, dazu die Minister für Bildung, Justiz, Wirtschaft/Bau und Agrar. An die SPD muss sie das Innen- und das Sozialressort abtreten. Das BSW soll dann drei Minister stellen, und zwar in großen Ressorts: für Finanzen, für Infrastruktur/Umwelt und für Arbeit/Wissenschaft/Kultur.

In Brandenburg, wo sich gestern der neue Landtag formierte, müssen SPD und BSW ohne Union zusammenfinden. Hier laufen Sondierungen, bisher dringt laut dpa „nur Positives“ aus den vertraulichen Runden nach draußen.

Für die Spitze der Union, vor allem der CDU, sind die Bündnisse hochproblematisch. Viele in der Partei verorten das BSW nicht gesichert und ganz im demokratischen Spektrum. Parteichef Friedrich Merz mischt sich möglichst wenig ein im Osten, aber sagte diese Woche erneut: „Frau Wagenknecht hat zu akzeptieren, dass es Entscheidungen gibt, die unumstößlich sind.“ Das seien die Westbindung und die Nato-Mitgliedschaft.
CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

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