Jugend und Alter sind einander so nah wie ein Tag dem anderen. Das meinte Goethe, und diese Erkenntnis gilt gefühlt unverändert im Verlauf unseres Lebens. Denn wir wundern uns, plötzlich alt zu sein, wo wir doch gerade noch jung waren. Die digitale Revolution aber hat dazu geführt, dass jedenfalls rein sprachlich der Abstand zwischen Alt und Jung eher größer als kleiner geworden ist. Das konnte ich in dieser Woche beobachten, weil ich zwei Tage bei einem sogenannten „Digital Workshop“ zuhören durfte unter lauter sogenannten „Millennials“. So nennt man die zwischen 1980 und 1999 Geborenen der Generation „Y“. Da war die Rede von „Videoslots“, „Traffic“ und „Match Making Potential“. Ebenso gab es „Roundtable Keyvorträge“. Zu meinem Glück stand im gedruckten Programm wenigstens ein rein deutsches Wort, nämlich der Hinweis auf ein „gemeinsames Abendessen im Löwenbräukeller“ am Ende.
Diese Millennials sind mit dem Internet groß geworden. Schon 2015 hat eine Umfrage ergeben, dass diese Generation durchschnittlich 3,2 Stunden täglich mit digitalen Geräten verbringt. Facebook spielte schon eine Rolle dabei. Kein Wunder, dass bei ihnen englische Ausdrücke dominieren, wie „Chatten“ oder „YOLO“, was so viel heißt wie: Du lebst nur einmal, also gönn Dir auch mal etwas.
Weil aber im Internet der Wechsel von allem und jedem so schnell geht, ist nach den Millennials eine durchaus andere „Generation Z“ entstanden mit Geburtsdaten zwischen 1999 und 2012. Sie sind wahre „Zoomer“ und geprägt von den großen Internet-Netzwerken wie Tiktok, Instagram, Netflix-Serien und überhaupt einer früher undenkbaren Informationsflut. Entsprechend anders ist auch deren Sprache geworden. Diese Jungen wollen nicht „lost“ sein, sondern lieber „lit“, was so viel heißt wie cool oder geil im Netz. Im realen Leben – soweit es das noch gibt – ist man gerne „woke“. Das bedeutet, wachsam gegenüber Ungerechtigkeit und allen Formen von Diskriminierung zu sein. Ein durchaus feiner Zug, möchte man sagen.
Bei den heutigen Teenagern aber gibt es doch auch schon eine Gegenbewegung gegen zu viel Internet und zu viele englische Ausdrücke. Das lässt hoffen, dass diese jungen Erwachsenen auch wieder zu alten Kulturtechniken zurückkehren. Die Vinyl-Langspielplatte soll schon wieder eine Rolle spielen. Diese Teenager wollen mehr Realleben mit echten Verbindungen, anstatt nur virtuell digital unterwegs zu sein. Für ihre natürlichen Beziehungen haben sie auch schon ein deutsches Wort geprägt. Das lautet „Freundschaft plus“. Das Plus dabei steht für die erotische Seite einer Beziehung, die heute mit Kondom einfach dazugehört wie ein Lunch.
Vielleicht gelingt diesen ganz Jungen der Befreiungsschlag vom „Doomscrolling“ zu einem Leben, in dem das Internet ein sinnvolles Werkzeug ist, aber mit seiner unbegrenzten Flut nicht das ganze Leben bestimmt. Dann wird auch die Jugendsprache wieder so, dass selbst die „Silent Generation“ der ohne Internet lebenden Großeltern sie verstehen kann.
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