Man kann sich zu Recht über die Umstände der Wahl wundern, bei der das Jugendwort des Jahres gekürt worden ist. Ausgerichtet wird sie seit Jahren von einem Verlag, der unter anderem ein Wörterbuch „Deutsch – Jugendsprache“ im Angebot hat. Der Abstimmung haftet der etwas strenge Geruch einer PR-Maßnahme an. Immerhin: eine der originelleren.
Das Siegerwort „Aura“ klingt banal, jedenfalls für die Generation Ü30. Aber streng genommen ist es auch unvollständig, erst durch den Kontext ergibt es Sinn. Wem Schlechtes oder Missliches widerfährt, der verdankt das möglicherweise einer Minus-Aura, weiß der Jugendliche. Darauf muss man tatsächlich erst mal kommen.
Jungen Menschen wird vieles nachgesagt, nicht immer ist es positiv gemeint. Aber eine Aktion wie das Jugendwort weist nicht nur auf die ganz eigenen Sphären hin, in denen sich Jugendliche bewegen und in denen Erwachsene sich immer wieder verirren. Sie zeigt auch, dass da eine Menge Potenzial ist: Humor, Selbstironie, Kreativität.
Die Fähigkeit, Dinge unkonventionell auf den Punkt zu bringen und Sprache zu entstauben, ist zu jeder Zeit wichtig gewesen. Vieles, was da vermeintlich den Wortschatz erweitert, wird trotzdem schnell wieder vergessen sein. Einiges wird aber auch bleiben, manches sogar zum gängigen Ausdruck aufsteigen mit Eintrag im Duden. Dass das der Inbegriff der sprachlichen Ordnung ist, ist eine Pointe, die sich manchem Anarcho-Rhetoriker von heute erst in ein paar Jahren erschließen wird.
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