KOMMENTARE

Melonis Blamage, Europas Schaden

von Redaktion

Gericht kassiert Albanien-Modell

Mitte der Woche erst ließ sich Giorgia Meloni beim EU-Gipfel für ihr Albanien-Modell feiern. Sie hatte es allen Bedenken zum Trotz durchgedrückt und stand (mal wieder) als rechte Avantgardistin da, an deren harten, pragmatischen Migrationskurs sich eine geläuterte EU immer williger anschmiegt. Die Fallhöhe war entsprechend hoch. Dass ihr nun ein italienisches Gericht die Show vermasselt, ist nicht nur eine deftige politische Blamage, sondern geht darüber hinaus.

Gleich mehrere Aspekte sind ärgerlich dabei. Da ist einmal die Tatsache, dass Meloni, die doch bisher so besonnen wirkte, in populistische Verhaltensmuster zurückfällt, den Fehler nicht bei sich, sondern bei den Institutionen sucht. Dabei hatten Kritiker die Bedenken, die sich im Gerichtsbeschluss wiederfinden, immer wieder formuliert. Selbst Albaniens Regierungschef Edi Rama stimmte dem Deal nicht aus Überzeugung zu, sondern mit dem Kalkül des Beitrittskandidaten, der hofft, in der EU zu punkten. Die Klatsche war also vorherzusehen. Im Bemühen, schnell Ergebnisse (oder auch nur Bilder) einer neuen Migrationspolitik zu liefern, hat die Regierung schlicht und einfach unsauber gearbeitet.

Das muss man ihr schon deshalb ankreiden, weil man in Rom sehr gut wusste, dass Europa genau hinsehen würde. Zuvor war schon Großbritannien mit seinem Ruanda-Modell an Gerichten gescheitert. Daraus hätte die Meloni-Regierung lernen können, stattdessen diskreditiert ihre Schludrigkeit eine im Kern schlüssige Idee erneut. Dafür, Asylverfahren auch in (zuverlässigen, stabilen) Partnerstaaten durchzuführen, gibt es gute Argumente: Es ließe (teilweise) den Druck aus dem Kessel Europa – und könnte idealerweise die gefährliche Flucht übers Mittelmeer verhindern, weil es für Migranten nähere Anlaufpunkte gäbe.

Die EU-Kommission hatte sich gerade erst für die Idee geöffnet – es wäre ein Fehler, sie nun fallen zu lassen. Statt aber einzelnen Staaten beim Scheitern zuzusehen, sollte Europa den rechtlichen Überbau für Drittstaatmodelle liefern. Das ist umso dringender, als die EU in Migrationsfragen leider zunehmend zur Kleinstaaterei neigt: Grenzkontrollen hier, zeitweise Aussetzung des Asylrechts dort. Das kann auf Dauer nicht funktionieren.
MARCUS.MAECKLER@OVB.NET

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